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Als Abschreckung missbraucht
Menschen mit Behinderung dienen häufig als Vorzeigeobjekte für Folgen, die Fehlverhalten im Straßenverkehr haben kann, kritisiert Greta Niewiadomski
Häufig haben wir die Negativität von Behinderungen so stark verinnerlicht, dass uns die bewussten Inszenierungen im Alltag gar nicht mehr auffallen. Dabei nutzen nicht nur Medienmacher*innen aus Hollywood das mehr als fragwürdige Stilmittel in ihren Verfilmungen. Auch in Deutschland lässt sich längst nicht mehr darüber streiten, ob Menschen mit Behinderungen als Abschreckung missbraucht werden. Die Frage ist eher, wie wir dies ändern.
Vor kurzem habe ich im »nd« darüber berichtet, wie sehr es mich schockiert, wie große Konzerne und Vereine mit Diversität und Barrierefreiheit werben und ihre anschließenden Taten dann das komplette Gegenteil aufzeigen. Ich stelle aber auch immer wieder mit Entsetzen fest, dass Menschen mit Behinderung weltweit und eben auch hier dazu benutzt werden, abzuschrecken, zu warnen oder sogar in Gruselfilmen als Requisite dienen. Warnschilder auf deutschen Autobahnen etwa sollen dazu dienen, Raser*innen vor dem Tod zu bewahren. Wären emotionale Bilder, die den Tod symbolisieren, denn nicht abschreckend genug?
Greta Niewiadomski engagiert sich für die Rechte Behinderter. Die 20-Jährige studiert seit 2020 Psychologie in Würzburg, zudem ist sie ehrenamtliche Betreuerin in einem jährlichen Jugendcamp für Kinder mit Amputationen. Auf Instagram bloggt sie unter @gretamariq.
Leider sind darauf aber häufig Menschen mit amputierten Beinen oder Händen zu sehen. Ich bin selbst einhändig - und finde das gar nicht schlimm. Für die einen ist es eine Warnung, die mensch sicherlich auch anders hätte verpacken können. Für die anderen ist es eine Unterstellung, eine Mitleidsbekundung, ja, vielleicht sogar ein Trigger. Natürlich bin ich auch gegen Raser*innen und auch gegen schwere Unfälle mit Verletzten, aber ich möchte nicht als Vorzeigeobjekt eines Endergebnisses dienen, welches besser verhindert hätte werden sollen. Dabei wird einem Menschen mit Behinderung jegliches Glück und die Lust am Leben abgesprochen und das ohnehin schon negative Vorurteil nur noch weiter befeuert.
Neben der umstrittenen und meiner Meinung nach längst überholten wirtschaftlichen Abwertung von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten durch die extrem niedrige Bezahlung, gibt es noch die fehlende Barrierefreiheit und somit systematische Exklusion von öffentlichen und privaten Institutionen zu erwähnen. Und auch Medienschaffende tragen einen enorm einflussreichen Anteil zu der Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung bei, indem sie die Wahl haben, das Thema angemessen oder eben fortschrittsfeindlich in die Öffentlichkeit zu bringen. Warum ist die Filmindustrie nur so rückständig? Wir brauchen mehr Held*innen mit Behinderungen. Mehr Diversität, mehr Sichtbarkeit für Randgruppen und gendernde Charaktere wären genauso traumhaft wie utopisch. Schade eigentlich, wenn mensch den enormen Einfluss der Medienmacher*innen beachtet. Sie könnten als Vorbild dienen.
Nicht zuletzt in der Debatte um den starbesetzten Kinofilm »Hexen hexen« wurde in erschreckender Weise aufgezeigt, wie negativ das Bild von Menschen mit Behinderungen noch immer gezeichnet wird. In dem ohnehin schon fraglichen Plot, in dem das misogyne Stereotyp der weiblich gelesenen »Hexe« reproduziert wird, dienen Handfehlbildungen als Gruselfaktor. Der anschließende Aufschrei im Netz unter dem Hashtag NotAWitch sorgte zwar unter Betroffenen für eine große Diskussion und interne Solidarität, aber vom Produzenten Warner Bros. war das Thema mit einer Entschuldigung erledigt und die Verkaufszahlen ließen nur vermuten, wie wenig sensibel Menschen außerhalb der Community dies aufarbeiten und hinterfragen.
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Es ist nicht zuletzt problematisch, dass Menschen mit Behinderungen häufig von Nicht-Behinderten gespielt werden. Die Filme »Ziemlich beste Freunde« und »Ein ganzes halbes Jahr« sind nur zwei Beispiele von vielen. Auch das finde ich äußerst fragwürdig und kann es anhand der Tatsache, dass in Deutschland etwa zehn Prozent der Einwohner*innen eine Behinderung haben, nicht nachvollziehen. Wo sind diese Menschen denn alle? Sicherlich wollen sie nicht alle den Beruf der Schauspielerei für sich auswählen - aber vielleicht einige Wenige. Und vielleicht machen diese Wenigen dann einigen Kindern mit körperlichen oder geistigen Abweichungen Mut, an einen Schauspieltraum zu denken, der in irgendeiner Zukunftswelt dann auch realistisch ist.
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