- Kommentare
- Atomkraft
Fataler Rollback
Über den Druck von Lobbyisten, der Atomenergie zu einer Renaissance zu verhelfen
Man sollte glauben, der Fukushima-Schock vor gut einem Jahrzehnt sei nachhaltig gewesen. Zumindest führte der Super-GAU bei Angela Merkel, wirtschaftsliberale Physikerin und langjährige deutsche Regierungschefin, zu einem radikalen Umdenken. Dessen Resultat war der Atomausstieg der Bundesrepublik bis zum Jahr 2022. Noch kurz vor der Atomkatastrophe in Japan hatte die damalige schwarz-gelbe Koalition unter Merkels Führung den alten rot-grünen Atomausstiegsbeschluss gekippt und eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atommeiler um durchschnittlich zwölf Jahre verfügt. Umso bemerkenswerter die anschließende Kehrtwende.
Doch global konnte und kann von einem Umdenken in Sachen Atomkraftnutzung keine Rede sein. In vielen Staaten wurde die Atomenergie im letzten Jahrzehnt sogar ausgebaut. Geradezu fatal wäre es, wenn die EU-Kommission demnächst – auch auf Druck aus Frankreich hin – die Atomenergie in die Liste der »nachhaltigen« Energieformen aufnehmen würde. Das würde diese als »grüne« Investition förderwürdig machen.
Lobbyisten machen sich den vom Klimawandel ausgehenden Druck zunutze, die Treibhausgasemissionen zu senken. Atomenergie sei CO2-neutral, sagen sie. Was, bezieht man Urangewinnung, Kraftwerkbau und die Notwendigkeit der jahrhundertelangen aufwendigen Lagerung des radioaktiven Mülls ein, nicht stimmt. Und die Umwelt- und Gesundheitsrisiken dieser Energieform werden in dieser Argumentation völlig ignoriert. Sie wirkt mithin, als wolle man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Darüber hinaus besteht das ebenfalls ins Feld geführte Problem von Versorgungsengpässen und zeitweiligem Anstieg der CO2-Emissionen nach Abschaltung von AKW nur, weil Wirtschaft und Politik bislang nicht bereit waren, den Ausbau der Erneuerbaren angemessen und kontinuierlich zu fördern.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.