Auf dem APEC-Gipfel in Sydney hatte vergangenen Freitag ein als Osama bin Laden verkleideter Komiker für Aufregung und ziemliche Verärgerung bei der australischen Polizei gesorgt. Einige Stunden später waren sich die Experten einig: Auch der wahre Oberterrorist hat einen gefärbten Bart. Das jüngste Video des meistgesuchten Mannes der Welt, das erste seit drei Jahren, soll aber echt sein. Gulbuddin Hekmatyar glaubt sogar, definitiv zu wissen, dass der Kopf von Al Qaida, der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA, »gesund und munter« ist. Mohammad Harun Sarghun, ein Sprecher des afghanischen Milizführers, erklärte gestern, man wisse zwar nicht ganz genau, wo sich Bin Laden und der Taliban-Führer Mullah Mohammad Omar aufhielten, aber dass sie am Leben und wohlauf seien, das könne man dank gesicherter Quellen sagen. Die beiden versteckten sich im bergigen afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Der Inhalt des Videos deute darauf, dass es erst kürzlich entstanden sei, »mit Sicherheit innerhalb der vergangenen Monate«, meint auch Frances Townsend, die Beraterin für Innere Sicherheit von USA-Präsident George W. Bush. Bin Laden beschwört nicht nur die Anschläge vor sechs Jahren, den Krieg zwischen den Muslimen und dem Westen sowie den Niedergang des USA-Imperiums, er zeigt sich mit Bemerkungen zur Lage in Irak, dem Führungswechsel in London und Paris, der weltweiten Klima-Debatte oder der Immobilien- und Finanzkrise in den USA durchaus auch aktuell-politisch gut im Bilde. Die Gefangennahme und Tötung Bin Ladens hätten angeblich weiterhin »höchste Priorität«, verkündete Townsend in einem Interview. Für die Washingtoner Regierung stehe an vorderster Stelle, ihn und den Rest der führenden Terrornetzwerker »der Gerechtigkeit zuzuführen«. Bushs Beraterin machte sich in Fernsehshows zugleich über Bin Laden lustig. Er sei »virtually impotent«, was die Bedeutung »praktisch machtlos«, aber auch »praktisch impotent« hat. Der Terrorfürst sei »auf der Flucht, in einer Höhle und kann nicht mehr als diese Videos machen«. Auf die Frage, warum der Al-Qaida-Chef bislang eigentlich nicht gefasst worden sei, fiel Townsend allerdings nicht viel ein: An mangelndem Aufwand liege es nicht. Nach ersten Analysen der am Wochenende aufgetauchten 30-Minuten-Aufnahme Bin Ladens meinen die Spezialisten der US-amerikanischen Geheimdienste, das Video enthalte keine konkreten Drohungen für einen unmittelbar bevorstehenden Terrorangriff auf die Vereinigten Staaten. Wenige Tage zuvor hatte die CIA allerdings noch dramatisch vor weiteren Al-Qaida-Attacken gewarnt. Das Terrornetzwerk plane Attentate mit »massenhaften Opfern, dramatischer Zerstörung und erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen«, sagte CIA-Direktor Michael Hayden. »Unsere Experten können mit großer Gewissheit sagen, dass die zentrale Führung von Al Qaida Anschläge mit massiver Auswirkung auf US-amerikanischem Boden plant.«
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