Bollwerk mit Schwachstellen

Wegen steigender Corona-Infektionszahlen und neuer Quarantäneregeln gibt es regionale PCR-Test-Engpässe

In die deutsche Pandemiebekämpfung kommt ein zackiger Ton: »Ein Bollwerk gegen Omikron« fordert Generalmajor Carsten Breuer. In dieser Befestigungsanlage wird laut dem Chef des neuen Corona-Krisenstabs der Bundesregierung zweierlei geschehen: Es soll geimpft und getestet werden.

Impfstoff, wenngleich gegen die neue Virusvariante nicht mehr richtig wirksam, steht ausreichend zur Verfügung. Zumal Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gerade mehrere Millionen Dosen in Rumänien dazugekauft hat, obwohl diese dort dringender benötigt werden. Bei den PCR-Tests sieht es etwas anders aus: Bundeswehr-Mann Breuer rechnet hier mit Engpässen.

Der Bedarf nimmt gerade stark zu. Das liegt einerseits an den durch Omikron stark steigenden Infektionszahlen. Am Freitag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) mit 92 223 Fällen einen erneuten Tageshöchstwert - Tendenz weiter stark steigend.

Andererseits wird die Nachfrage nach Testung auch wegen der neuen Quarantäneverordnung zunehmen, die nach dem Bundestag am Freitag auch der Bundesrat in einer Sondersitzung beschlossen hat. Nun müssen die Regelungen noch in den einzelnen Ländern beschlossen werden, bevor es zur Umsetzung kommt. Dies dürfte schnell geschehen - in Sachsen-Anhalt etwa soll der Landtag am Montag entscheiden.

Gemäß der Verordnung wird die Dauer der Isolation Covid-19-Infizierter und der Quarantäne ihrer Kontaktpersonen verkürzt und vereinfacht. Hintergrund des vorherigen Bund-Länder-Beschlusses war es, die Arbeitsfähigkeit der kritischen Infrastruktur (Gesundheitswesen, Polizei, Feuerwehr, Energieversorgung) zu sichern. Kontaktpersonen, die bereits geboostert, frisch (maximal vor drei Monaten) doppelt geimpft oder genesen sind, werden von der Quarantäne ausgenommen. Für alle Übrigen wird die Dauer von vierzehn auf zehn Tage reduziert. Wenn man sich per PCR oder Antigen-Schnelltest »freitestet«, geht dies schon nach sieben Tagen. Schul- und Kitakinder brauchen nach fünf Tagen Quarantäne oder sieben Tage Isolation einen Test. Für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen sollen Isolation oder Quarantäne sieben Tage dauern - sofern 48 Stunden vorher keine Symptome auftraten, sollen sie mit einem verpflichtenden PCR-Test beendet werden.

Ein noch stärkerer Run auf diese ist absehbar, denn Menschen in Quarantäne werden ungeduldig darauf warten, wieder das Haus verlassen zu können. Das gilt stärker als zuvor auch für Infizierte, da Omikron bekanntlich dank der neuen Eigenschaften dieser Variante und der hohen Immunisierungsrate der Bevölkerung selten mehr als grippeähnliche Symptome mit sich bringt. Viele neigen eher zu PCR, denn Antigen-Schnelltests galten schon zuvor als etwas weniger zuverlässig. Bei Omikron haben zudem mehrere Studien das vorläufige Ergebnis gebracht, dass einige der Tests bisweilen erst mit zwei, drei Tagen Zeitverzug die Infektion anzeigen. Woran dies liegt, ist unklar. Eine Vermutung besagt, dass bei Omikron die Viruslast anfangs im Rachenraum stark zunimmt, weshalb Nasenbohrertests zunächst »negativ« anzeigen.

Nunmehr wird zum Problem, dass bisher sehr stark auf die Schnelltests gesetzt wurde, anders als etwa in Großbritannien, Frankreich und Österreich, wo PCR der Schwerpunkt ist. In der vergangenen Woche wurden laut RKI hierzulande 1,5 Millionen durchgeführt. Einige Wochen vorher waren es sogar knapp zwei Millionen, die Kapazitätsgrenze liegt bei etwa 2,4 Millionen, so dass anders als etwa in den USA noch viel Luft nach oben ist. Regional wird es indes schon eng, bilden sich längere Warteschlangen vor Testzentren. Gerade in der Inzidenzhochburg Bremen: Andreas Sputtek vom Medizinischen Labor der Hansestadt berichtet, man komme mit der Auswertung kaum noch hinterher. Statt 24 Stunden könne ein Befund auch schon mal zwei, drei Tage auf sich warten lassen. Immerhin gibt es in den Krankenhäusern, wo alle neuen Patienten zu testen sind, keine Verzögerungen, da man auf eigene Labore zurückgreifen kann.

Die CDU kritisiert die Bundesregierung: »Die Kapazitäten für PCR-Tests müssen so schnell wie möglich erweitert werden«, fordert Gesundheitspolitiker Tino Sorge. Schnell geht das freilich nicht. Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) etwa kündigt an, die Öffnungszeiten in Testzentren zu verlängern und für mehr Personal zu sorgen, aber: »Es wird am Ende nicht reichen.«

Da das Angebot gerade in den Laboren während Omikron kaum zu erweitern ist, wird man sich auf die Reduzierung der Nachfrage konzentrieren müssen. Von verschiedenen Seiten wird nach »Priorisierung« gerufen. Generalmajor Breuer oder Grünen-Politiker Janosch Dahmen etwa möchten vorrangig das Personal der kritischen Infrastruktur getestet sehen. Kritiker halten die Bevorzugung allerdings nur bei medizinischen Einrichtungen für gerechtfertigt.

Viele freie Kapazitäten ließen sich hingegen schaffen, wenn auf Quarantäne von Kontaktpersonen in normalen Lebensbereichen vorübergehend verzichtet wird, da Nachverfolgung nicht mehr möglich ist. Oder man könnte bei extrem hohen Fallzahlen die bisherige Verpflichtung aussetzen, einen positiven Schnelltest durch PCR bestätigen zu müssen. Laborarzt Sputtek aus Bremen hat noch einen anderen Vorschlag, der schnell viel bringen würde: die vorübergehende Einstellung der extrem zeitaufwendigen Variantenermittlung.

Wird ein laxeres Testen die Pandemiebekämpfung in den kommenden Wochen gefährden? Fachleute halten dies mit Blick auf die deutlich milderen Verläufe bei einer Infektion mit der Omikron-Variante für unwahrscheinlich. So sagt die die Infektiologin Claudia Denkinger vom Universitätsklinikum Heidelberg: »Es kommt nicht mehr auf jeden Test an.«

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