Nachwachsende Batterie-Elektroden

Wie ein Abfallstoff der Papierindustrie Stromspeicher nachhaltiger machen kann

  • Reinhard Renneberg und Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.

Holz, das sind die harten Teile von Bäumen und Sträuchern - Stamm, Äste, Zweige. Es besteht vor allem aus Zellulose und Lignin und wird im Kambium - der Wachstumszone von Bäumen - gebildet. Je nach Jahreszeit sind die neu gebildeten Holzzellen unterschiedlich groß und haben eine leicht andere Farbe. Dadurch entstehen in unseren Breiten die Jahresringe, anhand derer man das Alter eines Baumes bestimmen kann. In den Tropen gibt es keinen Winter in dem Sinn, keine echte Wachstumspause. Deshalb galt es früher als gängige Lehrmeinung, dass tropische Bäume keine oder höchstens schwach ausgeprägte Jahresringe und deshalb festeres Holz hätten. Inzwischen weiß man, dass das nicht stimmt. Manchmal sind die Jahresringe zwar kaum erkennbar, sie sind aber trotzdem da.

Holz ist von alters her ein wichtiger Rohstoff für die Menschen: anfangs als Baustoff und als Energiequelle, später für die Papierherstellung und seit Kurzem als Ausgangsstoff für die Erzeugung von Biosprit. Doch bei diesen neueren Nutzungen stört jener Bestandteil, der die Zellulosefasern im Holz zusammenklebt und für die Haltbarkeit von Holz sorgt: Lignin. Dessen Farbe ist der Grund dafür, dass die härteren Jahresringe dunkler sind. Holzwürmer verschmähen Lignin wegen der Härte. Und im Papier stört die Farbe. Lignin fällt deshalb als Nebenprodukt des Holzaufschlusses in Papier- und Zellstofffabriken an. Weltweit sind das Millionen Tonnen im Jahr. Das meiste davon wird bisher einfach zur Energiegewinnung in den Papierfabriken verbrannt. Nur ein kleiner Teil des Biopolymers wird direkt genutzt, so zum Beispiel als Ausgangsstoff für die synthetische Herstellung des Duftstoffs Vanillin. Doch inzwischen wird auch über andere Nutzungsmöglichkeiten nachgedacht. Beispielsweise in Batterien.

Die heute verbreiteten Lithiumionen-Akkumulatoren enthalten mit dem leichtesten Metall Lithium ein extrem reaktionsfreudiges Element. Eine metallische Anode (der negative Pol der Batterie) wäre deshalb recht gefährlich. Einer der Chemie-Nobelpreisträger von 2019, der japanische Ingenieur Akira Yoshino hatte eine bessere Lösung: Graphit. Darin lagern sich die Lithiumatome als Ionen ein. Durch die Bindung an den Kohlenstoff liegt Lithium nicht mehr in metallischer Form vor. Das benötigte Graphit stammt entweder als Naturgraphit aus dem Bergbau, wo es zu gesundheitsschädlicher Staubentwicklung kommt, und bei dessen Aufbereitung aggressive Säuren genutzt werden. Oder aber es wird auf der Basis von Kohlekoks synthetisch hergestellt.

Der finnische Papierkonzern Stora Enso setzt dagegen auf sein Abfallprodukt Lignin. Am Produktionsstandort Sunila von StoraEnso in Finnland wird seit 2015 industriell reines Lignin aus nachwachsendem Holz hergestellt - 50 000 Tonnen im Jahr. Mittels Hitze und einiger mechanischer Verarbeitungsstufen entstehen daraus Kohlenstoffpartikel, die in Lithium-Akkus das Graphit ersetzen können.

Polnische und schwedische Wissenschaftler versuchen schon seit mehr als zehn Jahren, das Kathodenmaterial - wofür derzeit die raren Schwermetalle Nickel, Mangan und Kobalt eingesetzt werden - durch eine Verbindung aus Lignin und Pyrrol zu ersetzen. Bei der neuartigen »Lignode« dauert es vielleicht nicht ganz so lange, bis sie sich in Batterien findet. Der sprichwörtliche Holzweg könnte diesmal also der richtige Weg sein.

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