Neuer Anlauf zur Aufklärung

Zweiter NSU-Untersuchungsausschuss im Nordosten

»Wir müssen feststellen, dass zahlreiche Fragen unbeantwortet bleiben und viele Verstrickungen im Dunkeln liegen und das Wissen und das Handeln der Behörden weiter nebulös sind.« Dies sagte im vergangenen Jahr Peter Ritter, damaliger innenpolitischer Sprecher und Obmann der Linksfraktion kurz vorm Ende des ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags. Nach den Wahlen zum neuen Landtag müsse die Aufklärung mit einem neuen Untersuchungsausschuss weitergehen, so die Forderung unter anderen Ritters und der Linkspartei.

Das tut sie nun - am Montagnachmittag konstituierte sich der zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss, der mehr Licht ins Dunkel bringen soll, in dem sich der Komplex aus Verbrechen und Verstrickungen des Nationalsozialistischen Untergrunds in Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor befindet. Im Februar 2004 hatte der NSU Mehmet Turgut in einem Dönerimbiss in Rostock ermordet, in Stralsund sollen zwei Banküberfälle auf das Konto der Rechtsterroristen gehen.

Nachdem Ritter zur Landtagswahl im September vergangenen Jahres nicht mehr angetreten war, hat das Amt des Obmanns der Linksfraktion im Ausschuss nun Michael Noetzel inne, der bereits drei Jahre im Sekretariat des NSU-Untersuchungsausschusses der letzten Legislaturperiode gearbeitet hat. Zum Start des neuen Aufklärungsgremiums erklärte Noetzel: »Wir müssen die Arbeit des ersten NSU-Untersuchungsausschusses konsequent weiterführen. Insbesondere das Netzwerk, welches die rassistische Terrorserie erst ermöglichte, darf nicht länger im Dunkeln bleiben.« Die letzten Jahre hätten durch Mordanschläge der Neonazi-Szene zudem vor Augen geführt, dass der NSU nicht isoliert betrachtet werden könne und dürfe. »Aus diesem Grund ist nur folgerichtig, dass wir weitere brandgefährliche Netzwerke in unsere Untersuchungen mit einbeziehen«, so Noetzel. Konkret nennt er das Nordkreuz-Netzwerk, das im Nordosten in jüngster Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat - vor allem wegen der Verstrickung von Beamten der Sicherheitsbehörden darin. Mit diesem werde man sich intensiv beschäftigen, so Noetzel.

Auch für Constanze Oehlrich, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag, ist es »wichtig, dass die Aufklärung der NSU-Aktivitäten nun weitergehen kann. Das sind wir den Opfern und Geschädigten, den Angehörigen und unserer Gesellschaft schuldig.« Weiterhin gebe es nämlich »riesige Lücken bei der Rekonstruktion und der Bewertung der Aktivitäten der Rechtsterroristen des NSU in unserem Bundesland«, so Oehlrich. Diese Lücken resultierten auch aus dem Verhalten des Innenministeriums der vergangenen Legislaturperiode, das unter Ex-Minister Lorenz Caffier (CDU) »unverhältnismäßig viele Schwärzungen in den Akten vorgenommen« habe und auch darüber hinaus in Sachen Informationsbeschaffung den Ausschuss »wenig konstruktiv« begleitet habe. Diese »Geheimniskrämerei« müsse nun ein Ende haben, fordert Oehlrich und begrüßt, dass der neue SPD-Innenminister Christian Pegel angekündigt habe, einen besseren Informationsfluss zu gewährleisten.

Falko Beitz, Obmann der SPD-Landtagsfraktion, betonte, dass man »alles Menschenmögliche unternehmen« werde, »dass sich solch perfiden und heimtückischen Taten nie wieder ereignen können«. Darauf verließen sich die Menschen im Land und seien »angewiesen auf den staatlichen Schutz vor Demokratiefeinden«. Umso wichtiger sei es, »dass wir im Untersuchungsausschuss auch mögliche Fehler der Sicherheitsbehörden aufdecken und aufarbeiten. Wir werden keine Demokratiefeinde im Staatsdienst dulden und dort noch genauer als bisher hinschauen, um auch die übergroße Mehrheit der Beamtinnen und Beamten, die ihren Dienst immer einsatzbereit und im Sinne unserer freiheitlichen Demokratie leisten, vor den wenigen schwarzen Schafen in ihren Reihen zu schützen.«

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