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  • Corona-Politik in Österreich

Impfpflicht ab 18

Österreich einigt sich auf bisher weitreichendste Regelung in der EU

  • Stefan Schocher, Wien
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war letztlich dann doch eine klare Mehrheit, die in Österreich der Gesetzesvorlage für eine allgemeine Impfpflicht zugestimmt hat – allen Debatten, Einwänden, Zweifeln und Gegenrufen zum Trotz. Beschlossen wurde die Maßnahme mit den Stimmen der ÖVP-Grünen Koalition sowie der Oppositionsparteien SPÖ und NEOS. Letztere stimmten mit Vorbehalten zu: So könne die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht nur Teil einer breiter angelegten Strategie zur Bewältigung der Pandemie sein, heißt es seitens der SPÖ. Die Neos fordern die vollständige Lockerung aller Maßnahmen, inklusive Aufhebung der Sperrstunde um 22 Uhr. Die rechtsextreme FPÖ, die sich zum Wortführer der Impfgesetzgegner gemacht hatte, wollte geschlossen gegen das Gesetz stimmen.

Selten hat ein Gesetz so polarisiert. Und so hatte Kanzler Karl Nehammer und sein Vize vor der Abstimmung auch ein Beruhigungszuckerl parat: Sie kündigten eine Impflotterie und ein Anreiz- und Belohnungspaket für Gemeinden an. Angedacht ist ein finanzielles Anreizsystem, das sich an der jeweiligen Impfquote einer Kommune orientiert.

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Tausende Gegner der Maßnahme demonstrierten trotz Bannmeile und Demoverbots im Umfeld des Parlaments in Wien. Alle Ungeimpften sollen laut dem neuen Gesetz Anfang Februar Post erhalten. Wer in Österreich einen Haupt- oder Nebenwohnsitz hat und nicht geimpft ist, wird erst einmal aufgerufen, sich impfen zu lassen. Gestraft wird ab März. Mehrere Tausend Euro Strafe sind angedroht. Das allerdings nur, wenn die erste Strafverfügung (bis zu 600 Euro) nicht bezahlt oder dagegen Einspruch eingelegt wird.

Um Details der Maßnahme war bis zuletzt gerungen worden. Ursprünglich hatte ein Gesetzesentwurf eine Impfpflicht ab 14 Jahren vorgesehen. Diese Grenze wurde auf 18 Jahre angehoben. Eingeschränkt wurden hingegen bei der Feinabstimmung Regelungen zu Ausnahmen. So sind schwangere Frauen, Genesene bis zu sechs Monate nach der Infektion sowie Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, von der Impfpflicht befreit. Dabei gilt nun eine strenge Auslegung: Ausnahmebescheinigungen ausstellen dürfen nur Fachambulanzen, Amtsärzte und Epidemieärzte. Damit wurde die wichtigste Hintertür zur Umgehung der Impfpflicht geschlossen. Ursprünglich sollten alle Krankenkassen-Vertragsärzte eine Ausnahmebescheinigung ausstellen können.

Neu geschaffen wird zudem eine im Bundeskanzleramt angesiedelte Kommission, bestehend aus Rechtsexperten und Medizinern, die das Gesetz und dessen Anwendung beobachten und dem Parlament Bericht erstatten soll. Denn schließlich sind an zahlreichen Passagen Abänderungen per Verordnung durch den Gesundheitsminister möglich. Etwa auch, wie lange eine Immunisierung gültig ist. Mitbeschlossen wurde zudem eine Änderung des Impfschadengesetzes, wodurch sich ein direkter Entschädigungsanspruch ergibt. Das Impfpflichtgesetz gilt bis Ende 2024.

Viele Fragen zur Abwicklung sind hingegen offen. So hatten Verwaltung sowie die Richterschaft Zweifel geäußert, ob man den zu erwartenden Aufwand stemmen werde können. Bedenken kamen auch seitens der Polizei, die ab März bei jeder Personenkontrolle den Impfstatus kontrollieren soll.

Auch Fragen nach der Sinnhaftigkeit der Maßnahme angesichts der fünften Corona-Welle (Inzidenz: 1438) bleiben unbeantwortet. Zuletzt hatte der angesehene Epidemiologe Gerald Gartlehner für ein Überdenken der geplanten Impfpflicht plädiert. Man müsse davon ausgehen, dass es nach der Omikron-Welle ein hohes Maß an Immunität in der Bevölkerung geben werde; dann solle die Maßnahme neu bewertet werden.

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