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Ohne Schutz: Russland und die Omikron-Welle
Angesichts massiver Widerstände verschiebt die Duma neue Covid-Maßnahmen. Die Behörden erwarten bis zu 100 000 Neuinfektionen
Die Omikron-Welle rollt mit zunehmender Geschwindigkeit durch Osteuropa. Auch in Russland steigen wegen der Ausbreitung der hochansteckenden Virusvariante die Krankenzahlen. Täglich werden aus immer mehr Regionen Omikron-Fälle gemeldet.
Allein am Mittwoch steckten sich fast 34 000 Menschen mit Covid-19 an, davon fast 9000 in der russischen Hauptstadt. Offizielle Angaben zum Anteil der Omikron-fälle schwanken: Nach Behördenangaben sollen im ganzen Land 2117 Frauen und Männer an der Virusvariante erkrankt sein. Die meisten Omikronfälle gebe es demnach in Moskau: In der russischen Hauptstadt wurden bisher 1241 Patienten mit Omikron registriert. Die realen Zahlen dürften um ein Vielfaches höher liegen: Bürgermeister Sergej Sobjanin vermutete in einem Interview mit dem Fernsehsender Rossija 1 bereits am vergangenen Freitag, dass der Anteil der Omikronfälle unter den Neuerkrankungen in der Hauptstadt bereits die Hälfte ausmache. Seine Pressestelle gab den Anteil für diesen Tag offiziell mit 41,7 Prozent an, allerdings mit Bezug auf Proben, die Anfang Januar entnommen worden waren.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Aus den zu Jahresbeginn gemeldeten Werten hatte sich im Vergleich zum Dezember 2021 zunächst eine rückläufige Inzidenz abgezeichnet. Tatjana Golikowa, Vorsitzende des Regierungsstabes zur Bekämpfung des Coronavirus, warnte beim ersten Kabinettstreffen in diesem Jahr indes vor voreiligen Rückschlüssen. Während der russischen Neujahrsfeiertage hätten 66 Regionen ihre Testkapazitäten heruntergefahren. Das tatsächliche Ausmaß der Verbreitung der Krankheit lasse sich daher erst im Nachhinein erkennen.
Die Verbraucherschutzbehörde Rospotrebnadsor erwartet bis zu 100 000 Neuinfektionen in den kommenden zwei Wochen. Zwar seien die Todeszahlen, die zeitweise bei über 1200 Menschen pro Tag lagen, inzwischen auf unter 700 gesunken und auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen Omikron steige bisher nicht. Es sei jedoch nur eine Frage der Zeit, bis sich dies ändere, so Anna Popowa, die Leiterin der Verbraucherschutzbehörde. Die Übertragung von Omikron erfolge leichter und schneller als bei bisherigen Virusvarianten. Auch der Krankheitsverlauf sei nicht so schwer: Geimpfte und Genesene überstünden eine Omikron-Infektion wie eine Atemwegserkrankung oder eine leichte Grippe, so Popowa. Vollständig geimpft seien bislang jedoch weniger als 60 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Knapp 65 Prozent haben ihre erste Impfdosis erhalten. Die Impfkampagne für Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren mit dem für diese Altersgruppe angepassten Vakzin Sputnik M startet erst in dieser Woche.
Trotz der hohen Infektionszahlen verschärft die Regierung die laxen Schutzmaßnahmen nicht. Es gebe keine Notwendigkeit, den Regionen weitere Vorgaben zu machen, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag mit.
Dabei hatte es im Spätherbst des vergangenen Jahres noch ganz anders ausgesehen: Damals sollten die Regionalparlamente einem Gesetzesentwurf zur Einführung von Zugangsbeschränkungen und einer Impfpflicht für Flug- und Bahnreisende zustimmen. Doch der Widerstand in der Bevölkerung gegen die damit einhergehende Impfpflicht wuchs zusehends - insbesondere in der eher kremlloyalen Wählerschaft.
Die Behörden machten Zugeständnisse: Negative PCR- oder Antikörpertests sollten als Corona-Zertifikate ausreichen. Im Dezember strich die Duma den Gesetzesentwurf dann. Eine weitere Debatte im Parlament wurde verschoben. Präsident Wladimir Putin forderte, bis Ende Januar eine Neuauflage des Gesetzes zu erarbeiten. An diesem Montag nahm die Duma den Gesetzentwurf auf Bitte von Präsident Wladimir Putin einstimmig wieder von der Tagesordnung und verschob die Entscheidung »um einige Wochen«.
Russlands Kommunisten (KPRF) hatten von Anfang an gegen die Einführung von QR-Codes als Corona-Zertifikate gestimmt. Die Kontrollen in den Regionen, in denen ein entsprechender Nachweis schon jetzt notwendig ist, fallen ohnehin so lax aus, dass sich Zweifel an der Umsetzbarkeit einer landesweit geltenden Vorschrift geradezu aufdrängen.
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