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Scheibchenweise und lax

In Italien hat die Pflicht zur Impfung für Menschen ab 50 Jahre nur wenig gebracht

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 4 Min.

Anfang Januar hat die italienische Regierung »eine Art« Impfpflicht gegen Covid beschlossen. Eine Art, weil sie »nur« die Bürger und Bürgerinnen über 50 Jahre betrifft und auch weil die Strafe, die bei Nichtbefolgung und auch erst ab Mitte Februar verhängt werden kann, eher lächerlich ist: einmalig 100 Euro.

Tatsächlich hat es vor und nach der Einführung dieser Impfpflicht keine größeren Diskussionen gegeben. Innerhalb der Regierung war man sich lediglich über die Altersgrenze uneinig: Die einen wollten Ü-40, die anderen Ü-60, und der Kompromiss war dann – wer hätte das gedacht – Ü-50. Selbst die hiesigen Impfgegner, von den ganz radikalen mal abgesehen, haben immer betont, dass der Staat gefälligst die Verantwortung für die Impfungen übernehmen sollte, anstatt diese auf jeden einzelnen Bürger abzuwälzen. Schließlich habe der ja gar nicht die Mittel, um die jeweiligen Risiken tatsächlich abschätzen zu können. Und da auch die zum Teil selbst ernannten Experten mal hü und mal hott sagen, ist eine klare Aussage der Regierung für die meisten Italiener immer noch das kleinere Übel.

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Simona Garrone, die im Norden von Rom ein kleines Friseurgeschäft hat, sieht es so: »Ich war immer für Impfungen, und so hatte ich zuerst auch keinerlei Zweifel an dieser. Aber dann hat man permanent irgendwelche Horrorgeschichten gehört, und ich bin unsicher geworden. Ich habe mir allerlei Gedanken gemacht und bin zu keinem Schluss gekommen. Schließlich habe ich mich dann doch impfen lassen – auch weil ich bei meinem Beruf sonst gar nicht mehr arbeiten könnte. Man hätte mir viel erspart, wenn man das mit der Impfpflicht viel früher eingeführt hätte, und zwar für alle!«

Tatsächlich ist man im Mittelmeerland im europäischen Vergleich sehr »impfwillig«. Über 90 Prozent der über Zwölfjährigen haben zumindest eine Dosis erhalten. 87,31 Prozent haben den ersten Zyklus mit zwei Dosen beendet, und 79,87 Prozent wurden bereits geboostert. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und Engpässen hat die Impfkampagne fast überall gut funktioniert – erstaunlich gut für ein als »chaotisch« geltendes Land wie Italien, hieß es nicht nur im Ausland.

Die »allgemeine Impfpflicht ab 50« ist auch nur der letzte Schritt auf einem langen Weg. Zuerst wurde sie für alle Personen eingeführt, die im Gesundheitssystem arbeiten, egal in welcher Funktion. Dann betraf sie auch das Schul- und Universitätspersonal, das Militär, die Polizei, alle Personen, die in Gefängniseinrichtungen tätig sind, und schließlich auch die Berufe, die nahe an Kunden arbeiten, etwa in Friseur- oder Massagesalons, Kosmetikstudios usw.

Auch das öffentliche Leben wurde immer mehr eingeschränkt. Kinos, Restaurants und Theater kann man nur mit einem (relativ fälschungssicheren) Impfpass oder mit einem negativen Testergebnis betreten. Das gleiche gilt für fast alle Arbeitsplätze. Wichtig ist in diesem Kontext auch, dass die Tests in Italien mit ganz wenigen Ausnahmen kostenpflichtig waren und sind (Preise zwischen 15 und 50 Euro) und dass die Schlangen vor den Zentren oder Apotheken, in denen sie ausgeführt werden, immer extrem lang sind.
Große Proteste gab es weniger gegen die jetzt eingeführte Impfpflicht als vielmehr gegen den »Green Pass«, der eines der drei Gs (geimpft, genesen oder getestet) zertifiziert. Anders als in Deutschland waren sie aber nie wirklich »bunt«. Von Anfang an war die Bewegung fest in der Hand der extremen, der faschistischen Rechten. Es reicht vielleicht, daran zu erinnern, dass von einer dieser Kundgebungen auch der Angriff auf den Sitz der größten italienischen Gewerkschaft CGIL ausging.

Bisher hat die Impfpflicht noch keine großen Ergebnisse gebracht. Seit ihrer Verabschiedung haben nur etwa 280 000 Personen Ü-50 eine erste Impfdosis erhalten und die tägliche Zahl nimmt ständig ab. Von den etwa 2,3 Millionen Impfverweigerern in dieser Altersklasse hat man also nur etwa 10 Prozent überzeugt. Bisher sieht es so aus, als müsse sich Italien noch etwas anderes einfallen lassen, um die Impfquote weiter zu erhöhen.

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