Motoren ohne Gedröhn

Das Molekül, das in den Zellen für Bewegung sorgt

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Motoren müssen nicht unbedingt lärmen. Und nein, hier ist nicht von den leise surrenden Elektromotoren die Rede, sondern von den vielen kleinen biologischen Motoren, die in unseren Zellen Frachten bewegen. Unglaublich geschäftig geht es dabei zu. Ohne Biomotoren könnten wir nicht existieren. Kaum eine Körperzelle kommt ohne sie aus. Schon die befruchtete Eizelle braucht sie, um sich zu teilen. Überall werden sie benötigt, vor allem, um einzelne Zellbausteine, etwa Mitochondrien, zu transportieren.

Besonders augenfällig ist das bei den Nervenzellen des Rückenmarks. Deren lange schlauchartige Fortsätze, Axone genannt, reichen bis in die entfernteste Zehenspitze. Die Signale werden innerhalb solch eines Axons blitzschnell elektrisch weitergeleitet. Doch am Ende des Axons, an der Synapse, dort, wo die Signale an eine Muskel- oder andere Nervenzelle übertragen werden, geht das nicht. Dort müssen Botenstoffe, Neurotransmitter genannt, ausgeschüttet werden. Dazu bedarf es eines ständigen Nachschubs. Transportstrecken von einem Meter und mehr sind keine Seltenheit! Unmöglich, das ohne Motoren zu bemeistern.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Alle Biomotoren sind Proteine. Das Straßennetz, auf dem sie sich in den Zellen bewegen, wird auch von Proteinen gebildet. Motoren, die ihre Fracht in Richtung äußerer Zellmembran transportieren, heißen Kinesine. So ein Kinesin sieht aus wie ein Bauch auf zwei Beinen. Mit denen läuft es auf dem Highway des Zellen-Straßenverkehrs, den Mikrotubuli, entlang. Währenddessen ist die Fracht an die verdrillten Proteinketten gebunden, die den Bauch bilden. Verglichen mit der Winzigkeit eines Kinesinmoleküls sind die Frachten riesig und die Transportstrecken enorm. Bis zu einen halben Meter wandert es täglich.

Mikrotubuli sind keine Einbahnstraßen. Transporte in Richtung Zellkern werden jedoch von anderen Motoren, den viel größeren Dyneinen, übernommen.

Doch wie können sich Proteinmoleküle überhaupt gezielt bewegen und etwas transportieren? Bei jedem Schritt wird ein Molekül ATP (Adenosintriphosphat) verbraucht, das heißt, ein Molekül jener Verbindung, die in allen Zellen als Energiespender dient. Dabei wird eine der energiereichen Bindungen des ATP gespalten, und die dabei frei werdende Energie auf das Motorprotein übertragen. Das löst beim Protein eine Abfolge von räumlichen Strukturänderungen aus. Auf molekularer Ebene sieht das beim Kinesin tatsächlich so aus, als ob es watschelnd einen Fuß vor den anderen setzt. So wandert es voran. Stets mit einem Fuß fest auf der Straße wird - Schritt für Schritt - die chemische Energie des ATP in die mechanische Energie einer gerichteten Bewegung umgesetzt.

In Bezug auf das Klima sind unsere biologischen Motoren allerdings auch nicht besser als andere. Auch sie erzeugen letztlich CO2. Zwar wird das ATP in einer »gezähmten« Knallgasreaktion in den Mitochondrien ohne CO2-Bildung gewonnen. Doch um den dazu benötigten Wasserstoff zu liefern, wird aus allen Kohlenstoffatomen unserer Energielieferanten - ob Fett, Kohlenhydrat oder Eiweiß - CO2, das wir ausatmen.

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