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  • Baerbock auf Nahost-Reise

Baerbock droht mit »restriktiver Politik«

Außenministerin will Waffenlieferungen an Ägypten künftig an die Menschenrechtslage knüpfen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 4 Min.

Ägypten ist mittlerweile Stammkunde deutscher Waffenschmieden, war im vergangenen Jahr sogar Spitzenabnehmer: Rüstungsgüter im Wert von 4,34 Milliarden Euro genehmigte die Vorgängerregierung der autoritären Regierung in Kairo. Das soll sich nun ändern, kündigte Außenministerin Annalena Baerbock am Samstag in Kairo an bei einem gemeinsamen Auftritt mit ihrem ägyptischen Kollegen Samih Schukri. Die Menschenrechtslage werde bei künftigen Waffenlieferungen ein stärkeres Gewicht haben, so Baerbock. Ausnahmen von einer »restriktiven Politik« solle es nur in begründeten Einzelfällen und nach sorgfältiger Prüfung geben. »Natürlich wird sich das auch auf Länder auswirken, die bisher große Empfänger deutscher Rüstungsexporte waren.«

Menschenrechtsorganisationen beklagen seit langem die hohe Anzahl politischer Gefangener in ägyptischen Gefängnissen, seitdem sich der Feldmarschall Abdel Fatah Al-Sisi per Staatsstreich im Juli 2013 mithilfe des Militärs an die Macht putschte. Das in Kairo ansässige Arabische Netzwerk für Menschenrechtsinformationen (ANHRI) schätzt, dass in Ägypten etwa 120 000 Menschen inhaftiert sind (Stand: Anfang März 2021), darunter etwa 65 000 politische Gefangene. ANHRI musste inzwischen seine Arbeit einstellen, weil Gesetze viele der ANHRI-Aktivitäten illegal gemacht hätten, sagte der geschäftsführende Direktor Gamal Eid im Januar zur Nachrichtenagentur »AP«.

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Außenministerin Baerbock erklärte, sie habe mit ihren Gesprächspartnern in Ägypten »offen und ehrlich« über die Menschenrechtslage geredet. Das gehöre zu einem »ehrlichen Austausch« und »erst recht zu Freundschaft« dazu. Wie offen sich die ägyptische Seite gegenüber diesen Einwänden zeigt, wurde jedoch sofort deutlich. Wie schon in der Vergangenheit machte Außenminister Samih Schukri auch am Samstag deutlich, dass Ägypten keine Einmischung in die inneren Angelegenheit dulde und Beziehungen mit anderen Ländern nicht von Bedingungen abhängig mache. Schukri brachte dabei auch das Totschlagargument »Kampf gegen den Terrorismus« ins Spiel sowie Ägyptens Beitrag zu Sicherheit und Stabilität in der Region. Dieser habe auch einen direkten Einfluss auf die europäische Sicherheit, sagte er laut der größten ägyptischen Tageszeitung »Al-Ahram«, und meinte damit, dass Ägypten Migranten auf dem Weg nach Europa zurückhalte. All dies sei auch »für unsere europäischen Partner von Bedeutung«, so Schukri weiter. Sollte Deutschland künftig keine Waffen mehr nach Ägypten liefern, werde sich seine Regierung woanders eindecken. Bereit dafür steht unter anderem Frankreich, das laut »Le Monde« im Zeitraum 2011 bis 2020 Waffen im Wert von mehr als 6,6 Milliarden Euro an Ägypten verkauft hat.

Baerbock lotete in Ägypten auch neue Formen der Zusammenarbeit mit den Ländern der Region aus, die laut Experten vom Klimawandel besonders stark betroffen sein werden. Ägypten wird im November die diesjährige UN-Weltklimakonferenz ausrichten. Kritiker befürchten, dieses internationale Ereignis könnte dem autokratischen Regime in Kairo dazu dienen, seine Liste von Menschenrechtsverbrechen mit Erfolgen beim Klimaschutz »reinzuwaschen«.

Unverzichtbarer Partner bleibt Ägypten nach Ansicht vieler Beobachter bei der Lösung des Nahost-Konflikts. So wurde die Waffenruhe im Konflikt zwischen Israel und Gaza im Mai 2021 erst durch ägyptische Vermittlung erreicht. Auch der palästinensische Außenminister Rijad Al-Maliki setzt auf die Regierung in Kairo und die sogenannte Münchener oder Amman-Gruppe (Deutschland, Frankreich, Jordanien, Ägypten), um zwischen den Seiten zu vermitteln, wie er in der gemeinsamen Pressekonferenz mit Annalena Baerbock am Donnerstagabend sagte. »Wir waren der Ansicht, dass diese Gruppe in Abwesenheit der Rolle des Internationalen Nahost-Quartetts eine aktive und einflussreiche Rolle gespielt hat.« Außerdem hoffe er, dass Deutschland seine Beziehungen zu Israel nutzen werden, damit die israelische Regierung wieder an den Verhandlungstisch zurückkehre, sagte Al-Maliki laut der offiziellen palästinensischen Tageszeitung »Al-Hayat Al-Jadida«.

Das wesentliche Fazit ihrer Nahost-Reise zog Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bereits am Vortag ihrer Rückreise: Im Nahost-Friedensprozess liege noch ein »sehr weiter und sehr steiniger« Weg vor allen Beteiligten, sagte sie am Freitag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem jordanischen Kollegen Ayman Safadi in Amman. Und schob etwas verklausuliert hinterher, dass Deutschland nichtsdestotrotz bereit sei, bei der Suche nach einer Lösung zu helfen. In Jordanien betonte die Außenministerin erneut, dass »die friedliche Lösung« im Nahost-Konflikt »eine Zwei-Staaten-Lösung sein muss und sollte«. Wie festgefahren der Friedensprozess jedoch ist, wurde jüngst deutlich, als der Palästinensische Zentralrat (PCC), zweitwichtigstes PLO-Gremium, angekündigt hat, die Anerkennung Israels auszusetzen, bis Israel zwei Hauptforderungen erfülle: die Anerkennung des souveränen Staates Palästina in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt sowie die Einstellung des Siedlungsbaus im besetzten Westjordanland und in Ost-Jerusalem.

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