Niemand sollte im Verkehr sterben

Über die Gewöhnung an vermeidbare Unfälle

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass sich ein Radfahrer verletzten kann, weil ein Fußgänger rücksichtslos bei Rot auf die Straße tritt, musste ich vor Jahren am eigenen Leibe erfahren. Beim Ausweichversuch stürzte ich schwer und erlitt einen komplizierten Bruch des Schlüsselbeins. Nachdem Zeugen den Rettungswagen gerufen hatten, stellten sie fest: Der Unfallverursacher hatte sich aus dem Staub gemacht.

Neulich bin ich sehr vorsichtig mit dem Auto an eine Kreuzung gleichrangiger Straßen herangefahren. An dieser Kreuzung denken viele, die auf dem Kopfsteinpflaster müssten die auf dem Asphalt durchlassen, obwohl hier rechts vor links gilt. Es passierte nichts, als mir nacheinander ein Auto- und ein Radfahrer die Vorfahrt nahmen. Da ich die Gefahr schon kenne, konnte ich leicht stoppen.

Wegen solcher Erlebnisse fällt mir die pauschale Unterscheidung in böse Autofahrer und gute Fußgänger und arme Radfahrer schwer, zumal mir unter ihnen allen täglich welche begegnen, die auf die Verkehrsregeln pfeifen.

Aber es stimmt: Die Mehrzahl der tödlichen Verkehrsunfälle verursachen Autofahrer beim Abbiegen, und Radfahrer und Fußgänger sind ihre Opfer. Deshalb kann ich die Sehnsucht der Initiative »Volksentscheid Berlin autofrei« nach einer autofreien Innenstadt verstehen. Jedes Opfer ist eins zu viel.

Ich sehe aber, dass sich die Gesellschaft leider an Verkehrstote gewöhnt hat, als ob sich dagegen nichts unternehmen ließe. Mir persönlich bleibt vorerst nicht viel mehr übrig, als weiter vorsichtig an jede Kreuzung heranzufahren, so wie es die Straßenverkehrsordnung verlangt, und als Fußgänger sorgfältig nach links und rechts zu schauen, bevor ich über eine Straße laufe.

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