- Politik
- Krieg in der Ukraine
Kreml kündigt Vergeltung für westliche Sanktionen an
UNO prangert Festnahme von Demonstranten in Russland an / UNO prangert Festnahme von DemDemonstrationen gegen Russlands Krieg am Wochenende in Berlin / Cyberangriffe nach Sanktionen befürchtet / Vereinte Nationen sehen 100.000 Menschen auf der Flucht
Update 12.23 Uhr: UNO prangert Festnahme von Demonstranten in Russland an
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die UNO hat die Festnahme von hunderten Demonstranten in Russland im Zusammenhang mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine angeprangert. Man gehe davon aus, dass »mehr als 1800 Demonstranten verhaftet wurden«, sagte Ravina Shamdasani, Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, vor Journalisten in Genf. »Die Festnahme von Menschen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung oder friedliche Versammlung wahrnehmen, stellt eine willkürliche Freiheitsberaubung dar.«
Shamdasani forderte die russischen Behörden zur »sofortige Freilassung« aller festgenommenen Demonstranten auf. Es sei unklar, ob einige von ihnen in der Zwischenzeit wieder freigelassen worden seien.
Bei Protesten gegen den Einmarsch in die Ukraine waren am Donnnerstag nach Angaben von Aktivisten hunderte Menschen festgenommen worden. Die Menschenrechtsorganisation OVD-Info registrierte nach eigenen Angaben bis Donnerstagabend mindestens 1391 Festnahmen in 51 russischen Städten, davon allein mehr als 700 in der Hauptstadt Moskau und mehr als 340 in der zweitgrößten Stadt St. Petersburg.
Die russischen Behörden hatten Proteste gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine untersagt und Teilnehmern mit harten Strafen gedroht.
Update 11.53 Uhr: Kreml kündigt Vergeltung für westliche Sanktionen an
Russland hat Vergeltung für vom Westen verhängte Sanktionen angekündigt. »Es versteht sich von selbst, dass Vergeltungsmaßnahmen folgen werden«, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. »Wie symmetrisch oder asymmetrisch sie sein werden, wird von der Analyse der Beschränkungen abhängen«, die Russland auferlegt worden seien.
Der Westen hatte den russischen Angriff auf die Ukraine scharf verurteilt. US-Präsident Joe Biden gab am Donnerstag Strafmaßnahmen gegen mehrere russische Banken sowie Exportkontrollen bekannt, die nach seinen Worten »mehr als die Hälfte der High-Tech-Importe Russlands abschneiden« werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs gaben am Donnerstagabend grünes Licht für ein neues Sanktionspaket. Die Sanktionen betreffen laut einer Gipfelerklärung den russischen Finanz-, Energie- und Transportsektor, den Export von Dual-Use-Gütern, die für zivile und militärische Zwecke genutzt werden können, die Visa-Vergabe für russische Staatsbürger sowie eine Reihe »russischer Einzelpersonen«.
Update 10.40 Uhr: Demonstrationen gegen Russlands Krieg am Wochenende in Berlin
Mit einer großen Demonstration wollen zahlreiche Organisationen am Sonntag in Berlin gegen den Angriff Russlands auf die Ukraine protestieren. Angemeldet sind bei der Polizei 20.000 Teilnehmer ab 13.00 Uhr am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni. Der Titel lautet: »Stoppt den Krieg. Frieden für die Ukraine und ganz Europa«. Zu dem Organisationsbündnis der Demonstration gehören unter anderem der DGB und Verdi, die Umweltschutzorganisationen Bund und Naturfreunde, die linke Initiative Attac, die Flüchtlingshilfsorganisation Seebrücke, das Netzwerk Friedenskooperative und Pax Christi.
Viele weitere kleinere und größere Demonstrationen gegen den russischen Krieg wurden von Freitag bis Sonntag angekündigt. Freitagnachmittag ab 14.00 Uhr wollten erneut Hunderte Menschen vor dem Kanzleramt protestieren: »Sanktionen gegen Russland - Frieden für die Ukraine«. Dort hatten sich bereits am Donnerstag, dem Tag des Angriffs, 1500 überwiegend junge Menschen mit ukrainischen Fahnen und Plakaten versammelt und die Nationalhymne des angegriffenen Landes gesungen.
Die Partei Die Linke wollte am Freitagabend eine Mahnwache am Rosa-Luxemburg-Platz abhalten. Am Brandenburger Tor sollte ebenfalls abends mit dem Motto »Kultur gegen Krieg« demonstriert werden.
Am Samstag (14.00 Uhr) war eine weitere Demonstration am Brandenburger Tor angekündigt. Der Titel lautete: »Nein zu jedem imperialistischen Krieg - Solidarität mit der Ukraine«. Angemeldet waren 500 Teilnehmer.
Update 09.55 Uhr: Gysi verurteilt Angriff und will Sanktionen gegen Putin
»Da gibt es gar keinen anderen Standpunkt, als das schärfstens zu verurteilen«, sagte Gregor Gysi im ZDF-Morgenmagazin zur aktuellen Haltung der Linkspartei. Für eine Friedenspartei sei in der jetzigen Situation keine andere Haltung möglich, so der Außenpolitiker der Linke weiter.
»Ich bin für Sanktionen gegen die Führung, aber nicht gegen die Bevölkerung«, machte Gysi deutlich. Das sei aber schwer abzuwägen. Nord Stream 2 ärgere ihn. Man müsse neu darüber beraten. »Was nicht geht ist, dass wir auf Erdas verzichten, aber andere weiter das Erdöl aus Russland importieren.«
Update 09.47: Deutschland bereit für Aufnahme von Geflüchteten
Deutschland ist nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine vorbereitet. Im Moment sei noch nicht absehbar, wie viele Menschen wegen des Kriegs flüchten könnten, sagte Faeser am Freitag im ZDF-»Morgenmagazin«. »Die einzige Zahl, die bisher existiert, bezieht sich auf die Ukraine selber. Das (Flüchtlingshilfswerk) UNHCR geht im Moment davon aus, dass sich innerhalb der Ukraine 100 000 Flüchtlinge auf den Weg gemacht haben.«
Man sei wachsam und vorbereitet auf das was komme, versicherte die Ministerin. Städte und Kommunen hätten bereits ihre Hilfe angeboten. »Jetzt geht es erstmal darum, vor allem die Nachbarländer der Ukraine zu unterstützen.«
Update 09.25 Uhr: Gaslieferungen laufen weiter
Ungeachtet des Angriffs auf die Ukraine setzt Russland eigenen Angaben zufolge den Gastransit durch das Nachbarland nach Europa fort. Ein Sprecher des russischen Staatskonzerns Gazprom sagte am Freitag der Agentur Interfax zufolge: »Gazprom liefert russisches Gas für den Transit durch das Gebiet der Ukraine im regulären Modus und gemäß den Anforderungen europäischer Verbraucher.« Am Freitag seien das insgesamt 103,8 Millionen Kubikmeter Gas.
Update 08.55 Uhr: Cyberangriffe als Reaktion auf Sanktionen befürchtet
Im ZDF-Morgenmagazin warnte der Netzexperte der Grünen, Konstantin von Notz vor den Folgen, die mit Sanktionen gegen Russland einher gehen können. Hart und entschlossen aufstellen solle sich Deutschland beim Schutz der digitalen Infrastruktur, sagte von Notz (Grüne). Wenn jetzt Sanktionen kommen, dann müsse man auch damit rechnen, dass diese mit Cyberangriffen vergolten werden.
Update 08.49 Uhr: Transatlantiker halten Sanktionen und Waffenlieferungen für einzige Möglichkeit
Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantikbrücke und SPD-Politiker, sagte im ZDF-Morgenmagazin Putins Ziel sei ein Regimechange und das Land mit »einer Marionettenregierung unter Kontrolle zu bekommen«. Im Land gäbe es eine massive antirussische Stimmung und den Willen zu kämpfen.
Auf kurze Sicht sei gegen die massive Gewalt Putins durch die Nato nichts zu machen. »Wollen wir wirklich in einen Nuklearkrieg mit Russland eintauchen?« Das wolle nicht einmal die Ukraine, so Gabriel und warnt: »Dann wird es nichts mehr geben, was am Ende noch steht.« Doch auch Putin würde es nicht wagen, die Nato anzugreifen, weil eben auch er einen Nuklearkrieg fürchten müsse.
Es gebe derzeit nur zwei Möglichkeiten, nämlich Sanktionen und Waffenlieferungen an die Ukraine, so Gabriel.
Update 08.45 Uhr: Vereinte Nationen sehen 100.000 Menschen auf der Flucht
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR rund 100.000 Menschen in dem Land auf der Flucht. Mehrere tausend Menschen seien zudem bereits aus dem Land geflüchtet, sagte UNHCR-Sprecherin Shabia Mantoo am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. »Wir können noch keine genauen Zahlen bestätigen, aber es ist klar, dass es erhebliche Bewegungen innerhalb des Landes und einige Bewegungen über die Grenzen hinweg gegeben hat«, sagte Mantoo.
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hatte zuvor umfassende Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung sowie die zivile Infrastruktur in der Ukraine gefordert. »Die humanitären Folgen für die Zivilbevölkerungen werden verheerend sein«, warnte er.
Update 8.32: 5000 Demonstranten solidarisieren sich in Leipzig mit der Ukraine
Leipzig. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine haben am Donnerstag in Leipzig bei mehreren Demonstrationen mehr als 5000 Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine bekundet. Bei einer Kundgebung am Abend auf dem Marktplatz waren ukrainische Flaggen zu sehen. Viele Menschen hielten Lichter oder Schilder hoch, auf denen unter anderem »Hände weg von der Ukraine« und »Putin endlich Grenzen setzen« stand. Geplant war, dass der Aufzug bis zum russischen Konsulat im Norden der Stadt ziehen sollte.
Bereits am Nachmittag hatte es eine Kundgebung auf dem Marktplatz gegeben. Die Stadt Leipzig hisste aus Solidarität mit der Partnerstadt Kiew die ukrainische Flagge am Neuen Rathaus. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung verurteilte den Angriff scharf. »Mich erfüllt dieser Überfall mit Fassungslosigkeit und Bestürzen. Im Namen der Stadt Leipzig verurteile ich jede Form der Gewalt und Aggression«, sagte er.
Update 8.25: Kanada und Japan verhängen neue Sanktionen gegen Moskau
Ottawa. Kanada und Japan haben wegen des russischen Einmarschs in der Ukraine weitere Sanktionen gegen Moskau verhängt. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau kündigte am Donnerstag (Ortszeit) Sanktionen gegen 31 russische Einzelpersonen und 27 Unternehmen an. Ottawa will außerdem 3400 Soldaten sowie Flugzeuge und Kriegsschiffe für mögliche Nato-Einsätze in Europa bereitstellen. Kanada will auch kanadische Exporte nach Russland stoppen, hauptsächlich in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Informationstechnologie und Bergbau.
Japan plante laut Regierungschef Fumio Kishida »das Einfrieren von Vermögenswerten und die Aussetzung der Visaerteilung für russische Einzelpersonen und Organisationen« sowie das Einfrieren von Vermögenswerten »russischer Finanzinstitute«. Außerdem werde Japan »Exporte an russische militärische Organisationen und Exporte von Allzweckgütern wie Halbleitern und Gütern, die auf einer auf internationalen Abkommen basierenden Liste stehen, nach Russland sanktionieren«.
Raketen auf Kiew
Kiew. An Tag zwei des russischen Angriffs meldet die Ukraine Raketenbeschuss auf die Hauptstadt Kiew. Unter anderem wurde ein mehrstöckiges Wohnhaus getroffen, wie die
Stadtverwaltung am Freitagmorgen mitteilte. »Schreckliche russische Raketenangriffe auf Kiew«, twitterte Außenminister Dmytro Kuleba.
Die Europäische Union konterte die Militäroffensive in der Nacht mit einem umfassenden Sanktionspaket gegen Moskau. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach direkt mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin, allerdings ohne greifbares Ergebnis.
Putin hatte am Donnerstagmorgen nach einem wochenlangen Truppenaufmarsch an den Grenzen der Ukraine eine groß angelegte Offensive gegen das Nachbarland gestartet. Während russische Panzer auf das Territorium der Ukraine vorstießen, gab es Luftangriffe im ganzen Land.
Auch die militärische Situation in der Nacht zum Freitag war undurchsichtig. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko veröffentlichte im sozialen Netzwerk Telegram ein Video, das Brände in mehreren Etagen des getroffenen Gebäudes zeigte. Die Stadtverwaltung meldete drei Verletzte, einer davon in Lebensgefahr. Ukrainische Kräfte hätten einen russischen Flugapparat abgeschossen, schrieb ein Berater des ukrainischen Innenministers. Details blieben offen.
In Brüssel suchten Bundeskanzler Scholz und die übrigen EU-Staats- und Regierungschefs bei einem sechsstündigen Krisengipfel eine Antwort auf den russischen Angriff. Sie vereinbarten Strafmaßnahmen gegen Russland mit Blick auf Energie, Finanzen und Transport. Zudem soll es Exportkontrollen für bestimmte Produkte sowie Einschränkungen bei der Visavergabe geben.
U-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte nach dem Gipfel in der Nacht zu Freitag: »Unsere Einigkeit ist unsere Stärke.« Der russische Präsident Wladimir Putin versuche die Landkarte Europas neu zu zeichnen. »Er muss und er wird scheitern.«
So einig, wie von der Leyen es beschrieb, waren sich die Staats- und Regierungschefs aber nicht. Mehrere von ihnen forderten schon vor Beginn des Sondergipfels noch weitreichendere Maßnahmen. Dabei steht unter anderem das Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift im Zentrum. Ein Swift-Ausschluss hätte zur Folge, dass russische Finanzinstitute quasi vom globalen Finanzsystem ausgeschlossen würden.
Unter anderem Deutschland ist aber dagegen, dieses Sanktionsinstrument jetzt schon einzusetzen. Man solle zunächst bei dem über die vergangenen Wochen vorbereiteten Sanktionspaket bleiben, sagte Bundeskanzler Scholz. Alles andere müsse man sich »aufbehalten für eine Situation, wo das notwendig ist, auch noch andere Dinge zu
tun«. Polen, Slowenien und andere Länder wollten weiterreichende Sanktionen inklusive Swift-Ausschluss.
US-Präsident Joe Biden kündigte ebenfalls Sanktionen an, die sich unter anderem gegen große russische Banken richten. Zudem kündigte er strikte Exportkontrollen für den Technologiesektor und weitere Strafmaßnahmen gegen Mitglieder der russischen Elite an. »Putin ist der Aggressor«, sagte Biden im Weißen Haus.
Die Vereinigten Staaten verlegen zudem 7000 weitere Soldaten nach Europa, die zunächst in Deutschland stationiert werden sollen. »Unsere Streitkräfte gehen nicht nach Europa, um in der Ukraine zu kämpfen, sondern um unsere Nato-Verbündeten zu verteidigen und die Verbündeten im Osten zu beruhigen«, erklärte Biden. Die Staats- und
Regierungschefs der Nato-Staaten schalten sich an diesem Freitag zu
einer Sondersitzung zusammen. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.