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Eine kriegspolitische Antwort
Die Bundesregierung hat auf der Bundestags-Sondersitzung zum Ukraine-Krieg alle Hemmungen in Sachen Aufrüstung und Militarisierung abgelegt
Während der Sondersitzung des Bundestages am Sonntagmittag konnte einem angst und bange werden. Natürlich, die Lage in der Ukraine ist bitter ernst, der Krieg Russlands ist ein Verbrechen. Aber in welcher Geschwindigkeit jetzt die letzten Hemmungen vor einer massiven Aufrüstungskampagne fallen, ist bestürzend. Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet; riesige Rüstungsinvestitionen; Erfüllung der Nato-Vorgabe, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Rüstung zu pumpen; Kampfdrohnen; so genannte atomare Teilhabe der Bundeswehr - offenbar gibt es keine Schranken mehr. Die Antwort, die diese Bundesregierung auf den Krieg in der Ukraine gibt, ist keine friedenspolitische, sondern eine kriegspolitische.
Das wird keine kurzfristige Episode. Auf sehr lange Zeit werden wir uns in eine Eiszeit bewegen, in eine lange Periode der Militarisierung und Hochrüstung, die die Gesellschaft komplett verändern wird. Er finde diese Entscheidung richtig, »aber ob sie gut ist, weiß keiner«, fasste Wirtschaftsminister Robert Habeck diesen Aufbruch ins gefährlich Ungewisse zusammen. In eine Nachfriedensordnung, so fragil dieser Frieden in Europa seit 1945 auch oft war. Man kann schon jetzt von einem ökologisch-militärischen Komplex reden, der offenbar das Markenzeichen dieser Bundesregierung wird. Bedenken gibt es kaum noch - die Ampel macht tabula rasa.
Die politische Auseinandersetzung wird sich auf Jahre hinaus nicht um Abrüstungs-, sondern um Hochrüstungsziele drehen. Jetzt rächen sich bitter die Versäumnisse in der Politik des Westens: dass eben nicht konsequent genug versucht wurde, die Kooperation mit Russland zu suchen. Dass nach Jelzins schwachem, unterwürfigem Russland der Wandel zu Putins selbstbewusstem Russland nicht ernst genommen wurde. Dass eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur nicht einmal halbherzig angestrebt wurde.
Deutschland steht vor einem Umbruch, und die bange Frage lautet, wie stark das Bewusstsein der deutschen Verantwortung noch ist, die aus unserer Tätergeschichte erwächst. CDU-Chef Friedrich Merz, der spontan eine ganz große Rüstungskoalition anbot - und der gebraucht wird, wenn Scholz tatsächlich einen 100-Milliarden-Rüstungsfonds ins Grundgesetz schreiben will -, stellt schon forsch die Bedingung, faktisch mitzuregieren. Aufrüstung als Verfassungsziel - auch das Grundgesetz wird dann ein anderes sein.
Es ist wie bei Hartz IV: Die Gesellschaft ist in ihren Grundfesten erschüttert - damals sozialpolitisch, heute sicherheitspolitisch, und ein SPD-Kanzler steht zusammen mit den Grünen bereit, um alle lang gehegten Träume der Konservativen zu erfüllen. Merz verwahrte sich schon dagegen, das Thema Bundeswehr zum Gegenstand parteipolitischen Streits zu machen. Keine Parteien mehr zu kennen, sondern nur noch Deutsche - woher kommt einem das gleich bekannt vor?
P.S.: Wäre es zu einer rot-rot-grünen Bundesregierung gekommen - spätestens jetzt würde sie mit einem großen Knall auseinanderfliegen. Im Wahlkampf hatten Linke-Vertreter auf Fragen zu Nato-Mitgliedschaft und Außenpolitik oft ausweichend reagiert. Wie sich jetzt zeigt, sind sie brutal existenziell.
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