• Politik
  • Feministischer Kampftag in Berlin

Vom Krankenhaus bis in die Schule

Zum feministischen Kampftag organisierten Aktivistinnen in der Hauptstadt vielfältige Aktionen

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Sonne bestrahlt die Volksbühne im Berliner Bezirk Mitte, die am feministischen Kampftag voll behangen ist mit vielen Transparenten. »Wie viele Care-Pakete trägst du?« steht auf einem davon. »Wenn wir streiken, steht die Welt still« auf einem anderen. Auf der Treppe liegt ein großes Banner mit der Aufschrift »Nein zum Krieg!«. »Beim ersten Internationalen Frauentag 1911 war es den Sozialistinnen ein großes Anliegen, sich gegen Militarismus und für Weltfrieden einzusetzen. Daran wird sich inzwischen viel zu wenig erinnert«, sagt Gisela Notz vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung auf dem randvollen Rosa-Luxemburg-Platz, auf dem sich am Dienstagvormittag Hunderte Menschen zur Kundgebung unter dem Motto »An Care denken! Kämpfe vereinen, Überlastung beenden!« versammelt haben.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Über 100 Jahre seien vergangen, seit die Sozialistinnen angeklagt haben, es würden Millionen für »Tötungsgeräte« und »Brudermord« verschwendet, anstatt sie zur Deckung der Bedürfnisse in der Gesellschaft einzusetzen, viele Frauenkampftage hätten seitdem Krieg zum Thema gehabt, so Notz. »Auch heute gilt: Nieder mit dem Krieg!«, ruft die Aktivistin in die Menschenmenge. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung veranstaltet parallel selbst eine Kundgebung auf dem Nettelbeckplatz im Wedding. »Beim nächsten feministischen Kampftag werden wir hoffentlich, wenn Corona endlich mal vorbei ist, eine riesige gemeinsame Demonstration organisieren, denn wir kämpfen zusammen!«, sagt Notz.

Der Krieg in der Ukraine ist präsent auf den Schildern und Transparenten der Kundgebungsteilnehmenden und in den Redebeiträgen der feministischen Kämpfer*innen. Die ukrainische Journalistin Inga erzählt, dass ihre feministischen Freundinnen, anstatt um ihre Rechte zu kämpfen, die Zeit an der Front oder in Kellern der Städte und Orte, die unter russischem Beschuss sind, verbringen müssen. »In Mariupol gab es in den letzten Jahren bunte feministische Aktionen«, sagt Inga und hält einen roten Rauchtopf hoch. »Dieser Rauch war ein Zeichen für den feministischen Kampf, jetzt ist es ein Zeichen des Blutes. Ich spreche heute für die Frauen in Mariupol und sage: Putin fuck off!«

Im Zentrum der Kundgebung in Mitte steht Fürsorgearbeit, die nach wie vor zum Großteil von FLINTA (Frauen, Lesben, inter, trans, nicht-binäre und ageschlechtliche Personen) übernommen wird. Das Berliner Bündnis Gesundheit statt Profite verweist auf die anhaltende Überbelastung der Pflegekräfte, deren Kampf auch ein feministischer Kampf sei, so Silvia Habekost vom Bündnis. Die Berliner Krankenhausbewegung habe im vergangenen Jahr durch viele Streiks Entlastungstarifverträge für die Pflegekräfte bei Charité und Vivantes und die Angleichung der Löhne der Vivantes-Tochterbeschäftigten an den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes erkämpft. »Die Streiks waren vor allem Frauenstreiks!«, sagt sie.

Die beiden Kundgebungen am Mittag sind nur ein Teil des Hauptstadtprogramms zum feministischen Kampftag. Am Nachmittag zieht die internationalistische Großdemonstration von FLINTA durch Wedding, während gleichzeitig am Kottbusser Tor eine Kundgebung zur bedrohlichen Lage von afghanischen Frauen stattfindet. In der ganzen Stadt finden zahlreiche weitere Aktionen statt. Und schon am Vorabend war einiges los: Im Wedding hat eine Demonstration mit Kochtöpfen Krach gegen das Patriarchat gemacht und in Kreuzberg fand eine Revolutionäre Vorabenddemonstration statt, die vor allem von jungen Feministinnen organisiert wurde.

»Besonders erfolgreich ist für uns, dass so viele Schülerinnen gekommen sind. Sexismus erfahren alle jungen Frauen«, sagt Ava von der Gruppe Zora nach der Demonstration zum »nd«. Um sich dagegen zu wehren, ist auch die Initiative »Keine Schule ohne Feminismus« bei der Demonstration dabei. »Im vermeintlich sicheren Ort Schule, zu deren Besuch wir gezwungen werden, erleben Schülerinnen täglich sexistische Übergriffe von Sitznachbarn oder Lehrpersonal«, sagt eine Aktivistin der Initiative in ihrem Redebeitrag.

»Frauen kämpfen international gegen Faschismus, Krieg und Kapital!«, rufen die etwa 100 Teilnehmenden der Demonstration in Kreuzberg, deren antikapitalistische und internationalistische Ausrichtung auch in den vielen Redebeiträgen zum Ausdruck kommt, die sich feministischen Kämpfen weltweit widmen. »Damit grenzen wir uns auch ab von vielen bürgerlichen feministischen Veranstaltungen, die zum Frauenkampftag stattfinden«, so Aktivistin Ava nach der Demo.

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