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Lasst uns in Frieden (7): Nicht unser Krieg
Fliesst der Regen von oben nach unten? Für Bert Brecht gab es keinen Frieden mit dem Imperialismus
Ich muss zugeben, mit Frieden als solchem konnte ich nie was anfangen. Sicher, wer wäre nicht für Frieden? Picassotauben zwitschern, der Igel verkauft sein Fell als Zahnstocher, Mufasa erzählt den Gazellen, bevor er sie frisst, was vom Kreislauf des Lebens. Aber die Weltlage zeigt sich doch meist komplizierter. Manch ein Friede ist bloß ein verdeckter Krieg, manch ein Krieg wird bitter nötig, um Frieden erst mal herzustellen. Krieg ist eine Entscheidung, Frieden ein Verhältnis, denn für Krieg reicht schon einer, für Frieden braucht man zwei.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Aber dieser Krieg jetzt, der grobe 1000 Kilometer hinter Oder und Neiße tobt, hat mehr als bloß einen Aggressor. Putins scheußlicher Attacke ging ein Jahrzehnte verdeckt geführter Krieg der Nato voraus, ein beständiges Vorrücken via realer oder angebahnter Weitung des Bündnisgebiets. Ebenso wie ein achtjähriger (von Nato und Russland forcierter) Bürgerkrieg in der Ukraine, die ihre russischsprachige Minderheit unterdrückt, stolz ist auf die para-faschistische Bandera-Tradition und gezielt darauf hingearbeitet hat, dem transatlantischen Imperialbündnis Nato beizutreten. Es ist ein imperialistischer Krieg, ein Krieg um Rohstoffe, Absatzmärkte und Distributionswege, einer um den Platz an der Sonne, und es gab eine Zeit, da wussten Kommunisten, wie man einem solchen Krieg gegenüber zu stehen hatte - gegenüber nämlich.
Niemand sagt, dass diese Haltung eine praktische Lösung oder gar den Frieden bringt, doch in der jetzigen Lage nicht nach deutscher Hochrüstung zu rufen, nicht Nato-Bomben auf Moskau zu fordern, nicht Leib und Hirn in das Blau-Gelb eines hochproblematischen Staates zu hüllen, das ist vor dem Hintergrund des überwältigenden Kriegsgeschreis dieser Tage bereits eine sittliche Leistung. Was wir als Linke zu lernen hätten, das wäre die Botschaft, dass das nicht unser Krieg ist.
Das war die Haltung Lenins und Liebknechts im Jahre 1914, und sie bringt mich - endlich - auf Bertolt Brechts »Lied vom Klassenfeind«. Warum dieses Lied, warum gerade jetzt? Weil es mehr tut als lediglich nach Frieden zu rufen. Weil es uns beharrlich daran erinnert, wer der eigentliche Feind ist.
»Da hört ich die Trommel rühren / Und alle sprachen davon: / Wir müssten jetzt Kriege führen / Um ein Plätzlein an der Sonn.« Aber der Regen, heißt es dann, fließt von oben nach unten. Frieden nämlich kann, solange Imperialismus waltet, nie wirklich bestehen. Ein Verschnaufen allenfalls zwischen zwei Feldzügen, während der Krieg im Innern ohnehin tobt: »Und einmal, da hieß es auf einmal: / Jetzt machen wir Republik! / Und der eine Mensch ist da dem andern gleich / Ob er mager ist oder dick. / Und was vom Hungern matt war / War so voll Hoffnung nie. / Doch was vom Essen satt war / War hoffnungsvoll wie sie.«
Die Voraussetzung einer nationalen Militarisierung ist eine demilitarisierte Arbeiterklasse: »Sie gaben uns Zettel zum Wählen / Wir gaben die Waffen her / Sie gaben uns ein Versprechen / Und wir gaben unser Gewehr.«
In der allgemeinen Kriegsbegeisterung wird das Klassenbewusstsein ertränkt, und im Gegensatz zu uns vergisst der Klassenfeind - vom militärisch-industriellen Komplex und den sympathischen Energiekonzernen bis hin zu seinen Satrapen, den Kühnerts, Baerbocks und Scholzen - nie, worum es eigentlich geht: »Sie übten sich fleißig im Schießen / Und sprachen laut vom Feind / Und zeigten wild über die Grenze / Und uns haben sie gemeint.«
Vielleicht kriegen ja auch wir irgendwann hin, sie zu meinen.
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