Verdi will Sorgearbeit aufwerten

Am Frauentag streikten rund 22 000 Erzieher*innen für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Am diesjährigen Frauentag ging es im Kern um zwei große Themen: Während vor der russischen Botschaft in Berlin Hunderte Menschen gegen den Angriffskrieg in der Ukraine protestierten und damit ihre Solidarität für Frauen und ihre Familien in der Ukraine und in Russland ausdrückten, standen andere Demonstrationen im Zeichen der Sorgearbeit. Letztere verteilt sich seit Beginn der Corona-Pandemie wieder verstärkt auf Frauen - insbesondere sie haben im zweiten Lockdown ausgefallene Schule und Kinderbetreuung abgefangen. Und auch auf die Beschäftigten in diesen Branchen hatte die Pandemie große Auswirkungen.

Die Gewerkschaft Verdi hat das zum Anlass genommen, ihren Warnstreik auf den feministischen Kampftag zu legen. Denn immer noch sind ein Großteil der Beschäftigten in Kitas und sozialen Diensten Frauen. In den sozialen Berufen insgesamt sind rund 83 Prozent Frauen tätig, bei den Erzieher*innen in Kitas sogar 94 Prozent. Tausende Erzieher*innen und andere Beschäftigte sozialer Berufe sind dem Aufruf der Gewerkschaft gefolgt und haben bundesweit für mehr Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Verdi will damit den Druck in den laufenden Tarifverhandlungen für die sozialen Dienste erhöhen.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Nach Angaben einer Verdi-Sprecherin beteiligten sich an den Aktionen bundesweit mehr als 22 000 Beschäftigte. Zu Warnstreiks aufgerufen waren auch kommunale Mitarbeiter der sozialen Dienste und der Behindertenhilfe. Zum Teil wurden Notbetreuungen eingerichtet. »Es geht darum, in dieser Gesellschaft Strukturen zu verändern, Bereiche aufzuwerten, Frauenarbeit oder auch Frauenleben anders in den Vordergrund zu rücken«, sagte Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende, in einem Gespräch mit »nd«.

Nach Angaben eines Sprechers des Verdi-Landesbezirks Niedersachsen und Bremen beteiligten sich rund 3000 Beschäftigte in den beiden Bundesländern an den Aktionen. In Sachsen nahmen Hunderte an ähnlichen Veranstaltungen teil.

Die Tarifverhandlungen für die sozialen Dienste waren eigentlich für das Frühjahr 2020 geplant, nach dem Beginn der Corona-Pandemie jedoch auf Eis gelegt worden. Die Gewerkschaften argumentieren, dass die Erzieherinnen und Erzieher insbesondere nach zwei Jahren Pandemie mehr Wertschätzung erfahren sollten. Verdi fordert für die rund 330 000 betroffenen Beschäftigten keine prozentuale Lohnerhöhung, sondern höhere Eingruppierungen der sozialen Berufe in den Besoldungsstufen. Die kommunalen Arbeitgeber argumentieren, dass Erzieherinnen und Erzieher bereits jetzt besser verdienten als Beschäftigte in vergleichbaren Berufen.

Relevanteste Arbeit überhaupt. Verdi-Vize Christine Behle und die Journalistin Carolin Wiedemann über den Stellenwert von Sorgearbeit, die Verbindung von feministischen und gewerkschaftlichen Kämpfen und was in Bündnissen zuweilen schwierig ist

Verdi wirft der Arbeitgebervereinigung VKA mangelndes Entgegenkommen bei den Gesprächen vor. Derzeit sind noch zwei Gesprächsrunden geplant. Die nach bisherigem Stand voraussichtlich entscheidende soll am 16. und 17. Mai in Potsdam stattfinden.Mit Agenturen Seiten 2 und 3

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