Krieg des Lichts

Patriarch Kyrill I. sieht Russland im Krieg gegen die Unmoral

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.
Ukraine-Krieg – Krieg des Lichts

Was waren wir naiv, als wir den Worten westlicher Analysten Glauben schenkten, Putin wolle sich die Ukraine einverleiben und erneut ein russisches Großreich errichten. Das Kriegsziel ist viel erhabener: Russland will den Kulturverfall des christlich-orthodoxen Europas stoppen, zumindest in der Ukraine. Das enthüllte während der Sonntagsansprache Patriarch Kyrill I., Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Er muss es wissen, hat er doch einen kurzen Draht nach ganz oben. Überspitzt interpretiert, sollten die Bomben die Ukraine vor Gay-Pride-Paraden bewahren. Diese seien »ein Test der Loyalität«, um zur »Weltmacht«, d.h. zum Westen dazuzugehören, »eine Welt des übermäßigen Konsums«, präzisierte der 75-Jährige.

Kyrill I., bürgerlich Wladimir Michailowitsch Gundjajew, lebt jedoch selbst nicht wie ein asketisches Christenoberhaupt. Journalisten enthüllten, dass er eine Schweizer Luxus-Uhr besitzt; bei der Anzahl der Paläste, Residenzen und Sommerhäuser, gebaut auch mit Steuergeld, kann sich seine Kirche mit dem Staatspräsidenten messen. In Putin hat der Patriarch einen Genossen im Geiste. Beide scheinen besessen vom Kampf gegen die Unmoral, wittern Depravation und Libertinage, die der Westwind gen Osten trägt: Was dem einen die Fixer, sind dem andern die Schwulen.

Der Krieg habe eine metaphysische Bedeutung, erklärte Kyrill I. Nach Ansicht der Ostkirchen-Expertin Dagmar Heller interpretiert er den Ukraine-Krieg als Krieg des Lichts gegen die sündigen Werte, die den wahren Orthodoxen in der Ukraine von den »Weltmächten« aufgezwungen würden - insbesondere Homosexualität.

Geboren wurde Kyrill 1946 in einer Leningrader Priesterfamilie. Nach der Priesterweihe wirkte er unter anderem als Bischof in Wyborg und Smolensk. Am 6. Dezember 2008 wurde er zum Patriarchen gewählt und damit zum Oberhaupt über geschätzt 150 Millionen Gläubige. Denen predigt er nun seine verquere Sicht der Dinge.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.