Die Periode ist politisch

Lichtenberger Initiative weiht ersten Tamponspender Berlins ein

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 4 Min.
Franziska Ruhnau von Faire Periode Lichtenberg nimmt sich einen Tampon aus dem gerade eingeweihten Spender.
Franziska Ruhnau von Faire Periode Lichtenberg nimmt sich einen Tampon aus dem gerade eingeweihten Spender.

Nur 2,63 Euro sind im Regelsatz des Arbeitslosengelds II für »andere Dienstleistungen für die Körperpflege« vorgesehen. Darunter fallen auch Periodenartikel. Eine kleine Packung Tampons der Marke »o.b.« kostet aber 3,75 Euro. Transferleistungsempfänger*innen, die menstruieren, bekommen dafür kein zusätzliches Geld. »Das ist nicht gerecht«, sagt Annabel Haas-Krahé von der Initiative Faire Periode Lichtenberg. Die hat am Mittwoch zusammen mit dem Frauenprojekt Für Sie* den ersten Menstruationsartikelspender Berlins in der Damentoilette des Vereins für aktive Vielfalt (VaV) in Hohenschönhausen eingeweiht.

Im Rahmen der Lichtenberger Frauenwoche habe sie erfahren, wie viele von Armut betroffene Frauen* sich nicht genug Periodenartikel leisten können, berichtet Haas-Krahé. »65 Prozent aller Frauen und Mädchen haben schon Verabredungen abgesagt oder Schule versäumt, weil sie nicht genügend Hygieneartikel hatten«, sagt sie. Periodenarmut führt also zu sozialer Benachteiligung und mangelnder Teilhabe.

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Deshalb rief Haas-Krahé im vergangenen Jahr die Initiative Faire Periode Lichtenberg ins Leben. Im Sommer 2021 stellte die fünfköpfige Gruppe in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung den Antrag, in öffentlichen Einrichtungen des Bezirks Tampons und Binden kostenlos zur Verfügung zu stellen. Der Antrag wurde noch in der vergangenen Legislatur angenommen, nun ist das Modellprojekt »Kostenloser Zugang zu Menstruationsartikeln in Lichtenberg« mit elf Tampon- und Bindenspendern in verschiedenen Einrichtungen des Bezirks gestartet.

»Es sollte so normal wie bei Seife und Handtüchern sein, dass es auch dafür Spender gibt, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen«, sagt Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) zur Einweihung im VaV. Auch wenn es wegen der Haushaltssperre nicht ganz einfach sei, sollen 20 000 Euro für die Periodenartikel und für Öffentlichkeitsarbeit im Haushalt 2023 generiert werden. Gerade in Lichtenberg sei das wichtig, da in manchen Teilen des Bezirks bis zu 50 Prozent der Menschen auf Transferleistungen angewiesen seien, darunter viele alleinerziehende Frauen, sagt Grunst.

»Wir freuen uns riesig, dass der Spender bei uns im Verein eingeweiht wird«, sagt Eva Karpf, Leiterin des Frauenprojekts Für Sie*. Noch immer sei die Periode stigmatisiert, viele würden sich dafür schämen. Als Menstruationsblut in der Werbung im vergangenen Jahr erstmals rot und nicht mehr blau dargestellt wurde, sei das in den sozialen Medien häufig »ekelhaft, schmutzig und unrein« genannt worden. Erst 2020 wurde die Mehrwertsteuer auf Periodenartikel von 19 auf sieben Prozent gesenkt. »Die Periode ist nach wie vor politisch. Deshalb müssen wir darüber reden«, sagt Karpf.

Die Tampon- und Bindenautomaten seien daher nur ein Baustein der Kampagne. Es müsse insgesamt darum gehen, das Thema durch den öffentlichen Diskurs zu normalisieren, sagt Sophie Sauber von Faire Periode Lichtenberg. Dabei werde die Initiative von der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks, Majel Kundel, unterstützt.

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Zum Beispiel solle darüber informiert werden, welche gesundheitlichen Folgen es haben könne, wenn Menschen sich bei der Menstruation mit unhygienischen Artikeln behelfen müssen. »Aber auch reiche Leute können unterwegs von ihrer Periode überrascht werden«, sagt Annabel Haas-Krahé.

Außerdem wichtig: Nicht nur Frauen menstruieren, sondern auch nicht-binäre oder Transpersonen, die vielleicht lieber die Männertoilette benutzen. Daher sollten die Periodenartikelspender nicht auf Frauen-WC’s beschränkt sein, sondern es werde Einrichtungen freigestellt, wo sie die Kästen mit Tampons und Binden aufstellen möchten. In der am Projekt beteiligten Anna-Seghers-Bibliothek gebe es zum Beispiel Unisex-Toiletten, die allen Geschlechtern offen stehen.

In den Spendern ist Platz für mindestens 150 Tampons und etwa vier Pakete Binden. Wie stark die Nachfrage ist und wie oft aufgefüllt werden muss, werde nun erprobt. Annabel Haas-Krahé hofft, dass sich auch andere Bezirke von der Fairen Periode in Lichtenberg inspirieren lassen und sich ähnliche Projekte zukünftig in ganz Berlin für mehr Geschlechtergerechtigkeit und gegen Periodenarmut und Stigmatisierung stark machen.

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