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- Scorpions "Wind of Change"
Lasst uns in Frieden (12): Das gruselige Pfeifen
Der Song »Wind of Change« hat nicht nur ein ganzes Scorpions-Album ruiniert, sondern auch falsche Hoffnungen auf Frieden weltweit gemacht
Es gibt Songs, die haben ein ganzes Album ruiniert. »Smoke on the Water« von Deep Purple deren »Machine Head«-Album (1972) zum Beispiel. Oder »Sweet Child O’ Mine« von Guns N’ Roses, das auf »Appetite for Destruction« (1987) veröffentlicht wurde. »Wind of Change« von den Scorpions ist auch so ein Stück Musik, bei dem sich jedem Langhaarigen mit Geschmack die Fußnägel hochstellen. Klaus Meines Truppe zählt wie Purple zu meinen Lieblingsbands – und dennoch bluten mir die Ohren, wenn sich das Album »Crazy World« (1990) der Hannoveraner auf meinem Plattenteller dreht.
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Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Zugegeben: Die Scorpions haben einige grenzwertige Schnulzen auf Band gebracht. Aber diese Pfeifen, dieser kitschige Refrain (»Take me to the magic of the moment / On a glory night«), diese Inbrunst und dieses Pathos von »Wind of Change« sind auch in der Diskografie der Scorps – sagen wir: einmalig. Und dazu das Video, das auf MTV seinerzeit in Dauerschleife lief: hochgehaltene Feuerzeuge, brennende Wunderkerzen, Meines Ledermütze, darunter eine frisch gefönte Dauerwelle – Himmel, hilf!
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Das Thema des Songs ist gerade heute wieder brandaktuell. Es geht um den Kalten Krieg, den politischen Wandel in der Sowjetunion Ende der 80er Jahre, um Völkerverständigung und nicht zuletzt um Frieden. Mit Glasnost und Perestroika verbanden die Scorpions die Vorstellung, dass das »Gleichgewicht des Schreckens« ein Ende findet. Bis dahin standen sich Atomraketen in Ost und West praktisch abschussbereit gegenüber. So dramatisch ist auch das Video zu »Wind of Change«: Soldaten mit Gewehren im Anschlag, DDR-Grenzer, die 1961 einen Stacheldrahtzaun am Potsdamer Platz in Berlin errichten, ein Mob, der zum Krieg ruft, Hubschrauber vor einer brennenden Kulisse, vermummte Palästinenser – das alles wird der Vergangenheit angehören, so die Botschaft der Hannoveraner Rocker damals.
Es kam alles anders. Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung an der Universität Hamburg zählte für das vorvergangene Jahr 29 Kriege und bewaffnete Konflikte weltweit. Dabei wurde der Konflikt in der Ukraine schon mitgezählt, der besteht nämlich bereits seit 2014. Er hat sich nur in jüngster Vergangenheit auf das gesamte Staatsgebiet der Ukraine ausgedehnt.
Den »Wind of Change« hat es also nie gegeben. Die Nato-Staaten haben ihre Armee zu Eingreiftruppen mit einem weltweiten Operationsgebiet umgerüstet. Und Russland ist nach seinem Winterschlaf in den 90er Jahren wieder zu dem geworden, was es zu Zarenzeiten schon war: eine imperiale Weltmacht, die vor nichts mehr zurückschreckt.
Und die Scorpions, die haben mit »Rock Believer« soeben ein neues, starkes Album abgeliefert. Zum Glück sucht man darauf Klaus Meines gruseliges Pfeifen vergebens.
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