Vier Linke mit Scholz und Lauterbach

Sowohl für als auch gegen die Einführung einer Impfpflicht gibt es Unterschriften aus der Linksfraktion

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Liste der Unterschriften auf Drucksache 20/899 reicht bis über die erste Seite hinaus. 234 Namen finden sich auf dem Gesetzentwurf »zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen«, den die interfraktionelle Gruppe aus Mitgliedern der Ampel-Parteien ausgearbeitet hat. Vor allem Sozialdemokraten und Grüne unterstützen das Vorhaben zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren, aber auch wenige FDP-Politiker - und vier Linke-Abgeordnete: Martina Renner, Anke Domscheit-Berg, Kathrin Vogler und Cornelia Möhring haben den Gesetzentwurf unterschrieben.

»Eine allgemeine Impfpflicht lehnen wir zwar im Grundsatz ab, aber im Ausnahmefall ist sie zur Überwindung der Corona-Pandemie unumgänglich, um Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Daseinsvorsorge abzuwenden«, heißt es in einer Erklärung der Linke-Politikerinnen. Überzeugt klingt das nicht, jedoch sehen die Frauen wohl keine andere Option, die Pandemie in den Griff zu bekommen - und sparen nicht mit Kritik an der Regierungspolitik: »Dass wir heute in einer Situation sind, in der eine gesetzliche Verpflichtung dafür notwendig ist, dass Menschen sich selbst und andere durch die Impfung schützen, ist auch Ausdruck einer irrlichternden und immer wieder fehlerhaften Pandemiepolitik in den letzten zwei Jahren.«

Kanzler Scholz ohne Mehrheit

Fünf Anträge stehen an diesem Donnerstag zur Debatte, wenn der Bundestag die unterschiedlichen Vorschläge für oder gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in erster Lesung berät. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützen den Entwurf für die Impfpflicht ab 18, der maßgeblich von Dirk Wiese und Dagmar Schmidt aus der SPD-Fraktion, dem Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen und der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erarbeitet wurde.

Die offene Debatte ohne Fraktionszwang war notwendig geworden, weil vorrangig Mitglieder der FDP-Fraktion eine Impfpflicht ablehnen. Scholz hat also in seiner Ampel-Koalition keine Mehrheit und ist deshalb auf zusätzliche Stimmen aus der Opposition angewiesen. Doch diese Strategie dürfte wenig erfolgversprechend sein: CDU und AfD haben eigene Anträge eingebracht. Und aus der Linksfraktion, die mit ihren 39 Abgeordneten für die Mehrheitsbildung ohnehin kaum relevant ist, haben sich auch nur wenige zum Entwurf der Wiese-Gruppe bekannt.

Neben den vier Genannten hatte sich Susanne Hennig-Wellsow gegenüber »nd« bereits vor einigen Wochen dafür ausgesprochen. An ihrer Position habe sich nichts geändert, teilte die Linke-Kovorsitzende »nd« mit. Auch Ex-Parteichef Bernd Riexinger hatte gegenüber dem SWR für die Einführung einer Impfpflicht ab 18 plädiert.

Demgegenüber stehen sieben Linke, unter ihnen Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, die den Antrag von Wolfgang Kubicki gegen die Einführung einer Impfpflicht unterschrieben haben. In der Orientierungsdebatte Ende Januar hatte Gysi vor allem rechtliche Bedenken geltend gemacht: Eine Pflicht ohne Sanktionen sei keine Pflicht, und wer Geldbußen nicht zahlen könne, »kriegt stattdessen Ordnungshaft. Und abgesehen von der sozialen Frage ist es völlig undenkbar, dass wir Ungeimpfte auf irgendeinem Weg einsperren.« Da erhielt der ehemalige Linke-Fraktionschef sogar Applaus aus der AfD, wenngleich diese Reaktion der Rechtsradikalen natürlich nicht als ernsthafte Sympathie Gysi gegenüber zu deuten war.

Linke tat sich lange Zeit schwer

Dass in der Linken in Sachen Impfpflicht keine Einigkeit besteht, ist derweil keine Überraschung. Während der gesamten Corona-Pandemie tat sich die Partei schwer, zwischen mehr oder weniger Vorsicht eine gemeinsame Linie zu finden. Ausgerechnet die am Mittwoch im Bundestag beschlossene Neufassung des Infektionsschutzgesetzes hat Die Linke in dieser Hinsicht wieder ein Stück zusammengeführt. Aus allen Ecken hagelt es Kritik an der weitgehenden Abschaffung der Maskenpflicht in Innenräumen, beispielsweise im Supermarkt.

Fraktionschefin Amira Mohamed Ali hatte vor der Fraktionssitzung am Dienstag gesagt, die Maske beim Einkaufen sei nur »ein kleiner Grundrechtseingriff« im Vergleich zum weitaus größeren bei Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, der Mohamed Ali weiterhin ablehnend gegenübersteht. Andere aus der Fraktion haben sich noch nicht entschieden, beispielsweise Ko-Parteichefin Janine Wissler und der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte.

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