Macron setzt auf Aufrüstung

Der französische Präsident stellt sein Wahlprogramm vor und will Ausgaben für Militär und Polizei erhöhen

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 5 Min.

Das Programm, mit dem sich der amtierende Präsident Emmanuel Macron bei der Wahl in drei Wochen um ein zweites Mandat bewirbt und das er auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in Paris vorgestellt hat, zeugt von Kontinuität und dem Willen, die in Angriff genommenen Reformen gegen alle Widerstände durchzusetzen. Angesichts des Krieges in der Ukraine stellte Macron die Maßnahmen für die Verteidigung an den Anfang. Er wolle »ein unabhängiges Frankreich in einem starken Europa«, betonte er und kündigte eine weitere Aufstockung der Investitionen und laufenden Ausgaben für die Armee bis auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts an, wie er das bereits gegenüber den Verbündeten getan hatte. Die Berufsarmee soll so umstrukturiert werden, dass der Anteil der bei Bedarf sofort verfügbaren Eingreiftruppen deutlich vergrößert wird. Die Zahl der Reservisten sowohl der Armee als auch der Polizei und Gendarmerie soll verdoppelt werden. Frankreich werde sich weiter für eine gemeinsame Verteidigung in Europa einsetzen, die die Nato ergänzen soll.

Die wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen, die Macron plant, werden von der linken Opposition und den Gewerkschaften, aber auch von Wissenschaftlern und anderen neutralen Beobachtern als Fortsetzung des Trends in Richtung auf die neoliberale Rechte gewertet. Von Journalisten darauf angesprochen, sagte Macron: »Ich pfeife darauf, ob man mich als rechts oder links einordnet. Ich will pragmatisch und effizient für Frankreich und seine Bürger sein.«

Besonders deutlich wird das bei der Rentenreform, mit der Macron in seiner ersten Amtszeit auf starken Widerstand gestoßen ist und die er mit einem modifizierten Ansatz aufgreifen und durchsetzen will. Im Mittelpunkt steht dabei die schrittweise Anhebung des Rentenalters von heute 62 auf 65 Jahre und die Abschaffung der Sonderrentenregelungen, die die Gewerkschaften in jahrzehntelangen Kämpfen für einzelne Berufsgruppen, wie beispielsweise die Eisenbahner, erringen konnten. Andererseits zeigt sich Macron bereit, Sonderregelungen für einen früheren Renteneintritt derjenigen Arbeitnehmer vorzusehen, die ihr ganzes Berufsleben lang besonders schwer körperlich arbeiten mussten. Einen entsprechenden Passus hatte er noch 2017 aus dem Reformentwurf seiner Sozialministerin gestrichen.

Nachdem die Arbeitslosenversicherung bereits reformiert wurde, durch die sich die Bedingungen deutlich verschärft haben, ist jetzt die Sozialhilfe RSA an der Reihe. Sie wird vom 26. Lebensjahr an gezahlt und beträgt heute 565 Euro im Monat, ist künftig aber mit der Verpflichtung verbunden, monatlich 15-20 Stunden »Arbeit mit dem Ziel einer beruflichen Wiedereingliederung« zu leisten. Die Forderung, die RSA auf beschäftigungslose Jugendliche auszuweisen, hat Macron erneut abgelehnt, hat aber für diese Altersgruppe gezielte Berufsbildungsprogramme zugesagt. Durch diese Reformen, aber auch durch neue Maßnahmen für Unternehmen und Investoren, wie eine Steuersenkung um 15 Milliarden Euro, und eine großzügigere Steuerfreistellung von Erbschaften will Macron zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen und innerhalb der nächsten fünf Jahre die Rückkehr zur Vollbeschäftigung erreichen.

10 000 neue Posten bei Polizei und Gendarmerie

Zum Thema der inneren Sicherheit kündigte Macron die Schaffung von 10 000 neuen Posten bei Polizei und Gendarmerie an, was dem Ziel dienen soll, »die Präsenz der Ordnungskräfte im öffentlichen Raum zu verdoppeln«. Er setzt sich das Ziel, die Kriminalität und vor allem den Drogenhandel konsequent zurückzudrängen. In diesem Zusammenhang weist er Forderungen nach einer Legalisierung von Cannabis entschieden zurück, weil das ein Zeichen der Hilflosigkeit des Staates wäre und letztlich nur zu einer Verschärfung der Lage bei härteren Drogen führen würde. Mit Hilfe des unlängst in Kraft getretenen neuen Gesetzes gegen Separatismus will Macron den Kampf gegen islamistische Radikalisierung verstärken und dadurch nicht zuletzt die Muslime in Frankreich vor diesem Einfluss schützen und ihre Stellung in der Gesellschaft verbessern. In diesem Zusammenhang verwies Macron darauf, dass in den zurückliegenden Monaten 650 Vereine aufgelöst und 22 Moscheen geschlossen wurden, weil sie unter dem Einfluss von radikalen Islamisten standen.

Zum Thema Einwanderung kündigte Macron einerseits eine Verschärfung der Grenzsicherung und andererseits eine Vereinfachung und Beschleunigung der Asylverfahren an. Allerdings sollen abgelehnte Asylbewerber konsequent abgeschoben werden. Staaten, die wenig Kooperationsbereitschaft bei der Rückführung ihrer illegal nach Frankreich ausgewanderten Staatsbürger zeigen, werden künftig deutlich weniger oder gar keine Visa für Frankreich erhalten.

Die Gehälter der Lehrer, die unter dem europäischen Durchschnitt liegen und beispielsweise nur halb so hoch sind wie in Deutschland, sollen spürbar erhöht werden. Das ist aber mit der Verpflichtung verbunden, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, beispielsweise bei der Förderung schwächerer Schüler oder bei der Vertretung für ausgefallene Kollegen. »Wer dazu nicht bereit ist, muss sich weiter mit seinem heutigen Gehalt zufriedengeben«, beschied Macron.

Zum Thema der nachhaltigen Entwicklung räumte er ein, dass Frankreich die für 2020 anvisierten Klimaschutzziele nicht erreicht hat, aber er zeigte sich zuversichtlich, dass bis 2050 die CO2-Neutralität erreicht wird. Dabei setze Frankreich auf einen Mix aus Kernkraft und erneuerbaren Energien. Dafür sollen unverzüglich sechs Kernreaktoren der neuen Generation gebaut werden und mittelfristig noch einmal acht. Die Sonnenenergiegewinnung werde sich verzehnfachen und es werden mehr als 50 Offshore-Parks für Windkraftanlagen im Meer errichtet.

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