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Nicht nur eine Fußnote
Hartfrid Krause erinnert an das kurze Leben einer linkssozialistischen Partei - der USPD
Die während des Ersten Weltkriegs gegründete Unabhängige Sozialdemokratische Arbeiterpartei (USPD) hatte zeitweise fast so viele Mitglieder und Wähler*innen wie die SPD. Bei den Reichstagswahlen 1920 erreichte sie fast fünf Millionen Stimmen und zählte knapp eine Million Mitglieder. Trotzdem gilt die USPD heute allenfalls als Fußnote der Geschichte. Wer die gründlich recherchierte Arbeit von Hartfrid Krause liest, findet hier eine Erklärung dafür.
»Spaltungen und Einheit« lautet der Titel seines Kompendiums über die Partei, die von linken Sozialdemokraten aus Protest gegen die den Krieg deutscher Generäle unterstützenden SPD-Führer gegründet wurde und im Laufe ihrer 14-jährigen Geschichte immer wieder mit Abspaltungen zu kämpfen hatte. Nach dem rasanten Aufstieg der USPD infolge ihrer maßgeblichen Rolle in der Novemberrevolution erfolgte bald ein genauso schneller Niedergang. Ein Großteil der Mitglieder fusionierte 1920 mit der KPD, die erst danach eine Massenpartei wurde, ein anderer Teil kehrte im September 1922 in die SPD zurück. Doch das war noch nicht das Ende der USPD - als kleine Splittergruppe gab es sie noch bis 1931. Erst in jenem Jahr schloss sich der »letzte Rest« der damals neu gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) an, wiederum eine Abspaltung linker Sozialdemokraten von der SPD. Der letzte Vorsitzende der USPD war Theodor Liebknecht, Sohn von Wilhelm Liebknecht, dem Bruder von Karl.
Krause beschreibt nachvollziehbar, wie und warum schon in den Gründungstagen der USPD der Spaltpilz angelegt war. Grund für die Trennung linker Sozialdemokraten 1917 von der SPD war das Festhalten der Spitzenfunktionäre an der Kriegs- und Burgfriedenspolitik des kaiserlichen Deutschland.
Zunächst hatten nur Karl Liebknecht und Otto Rühle von der SPD-Reichstagsfraktion gegen die Kriegspolitik Stellung genommen - die Zahl der Gegner*innen wuchs mit der Zahl der Toten auf den Schlachtfeldern und der Verarmung der Bevölkerung. Auch Sozialdemokrat*innen vom rechten Flügel wie Eduard Bernstein gingen nun in die Opposition.
Dieser ursprüngliche Konflikt wurde mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Sturz des Kaisers obsolet. Als die Waffen schwiegen, wünschten sich viele nichts sehnlicher als ein Zurück zur SPD vor dem August 1914, also vor Kriegsbeginn. Zugleich wuchs die Zahl der Linken, die einen revolutionären Neuanfang anstrebten. Für diese Radikalisierung stand der Spartakusbund, der nur lose mit der USPD assoziiert war.
Zu kurz kommt bei Krause die Rolle der Revolutionären Obleute, einer klandestinen Vereinigung von Arbeiter*innen aus den Großbetrieben Berlins, ohne die 1918/19 nicht denkbar wäre.
Warum es nach mehr als 100 Jahren noch immer sinnvoll ist, sich mit der Geschichte der USPD zu beschäftigen, begründet Krause im Vorwort. So gab es in den 70er Jahren in der Bundesrepublik Debatten über eine neue linkssozialistische Partei, an der sich unter anderem Rudi Dutschke und Otto Schily beteiligten, bevor sie dann ins Boot der Grünen stiegen. Schon damals publizierte Krause zum Thema. Ab 2007 gab es ein neues Interesse, geweckt durch Gründung der Partei Die Linke, die manche als eine Neuauflage der USPD betrachteten. Die von Krause geäußerte Vermutung, dass eine Vereinigung der Linkspartei mit der SPD auf der Tagesordnung stünde, ist schwer nachvollziehbar. Unterschiede überwiegen die Gemeinsamkeiten.
Trotz dieses vorschnellen Urteils ist diese akribische, umfangreiche Arbeit über das kurze Leben einer linkssozialistischen Partei in Deutschland mit Gewinn zu lesen. Kurzporträts von fast 100 Funktionär*innen der USPD informieren auch über deren spätere politische Aktivitäten, darunter im Widerstand gegen die Nazidiktatur.
Hartfrid Krause: Die USPD 1917-1931. Spaltungen und Einheit. Verlag Westfälisches Dampfboot, 642 S., br., 48 €.
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