Taliban schließen Schulen für Mädchen

Afghanistan: Kurswechsel wenige Stunden nach Öffnung weiterführender Bildungseinrichtungen

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.

Kurz nach der offiziellen Öffnung weiterführender Schulen für Mädchen in Afghanistan haben die radikalislamischen Taliban diesen Beschluss wieder rückgängig gemacht. Tausende Schülerinnen wurden am Mittwoch an ihrem ersten Unterrichtstag seit August nach wenigen Stunden wieder nach Hause geschickt. Die Uno kritisierte diese Entscheidung und forderte die Taliban auf, »das Recht aller Mädchen auf Bildung zu respektieren«.

»Alle Schülerinnen sind sehr aufgeregt und alle kommen mit Freude in die Schule«, sagte Latifa Hamdard, die Direktorin eines Gymnasiums in der Stadt Herat. AFP-Reporter filmten dann am Mittwochmorgen in einem Gymnasium in der afghanischen Hauptstadt Kabul, als ein Lehrer den Raum betrat und auf Anordnung der Taliban alle nach Hause schickte. Die fassungslosen Schülerinnen schlossen ihre Bücher, packten ihre Sachen und verließen weinend das Klassenzimmer.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Die Entscheidung sorgte für große Verwirrung, eine schlüssige Begründung lieferten die Taliban nicht. »In Afghanistan, vor allem in den Dörfern, ist die Mentalität noch nicht so weit«, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. »Wir haben einige kulturelle Einschränkungen, aber die Hauptsprecher des Islamischen Emirats werden bessere Erklärungen liefern.«

Die Taliban hätten überhaupt kein Interesse daran, dass Frauen zur Schule gehen, sagt gegenüber »nd« Frauenrechtsaktivistin Hoda Khamosh, »dann würden die Frauen nämlich verstehen, welche Rechte sie haben«. Die Taliban hätten allein das Töten im Sinn.

Wie AFP aus Taliban-Kreisen erfuhr, war die Entscheidung für die Schulschließungen nach einem Treffen hochrangiger Beamter am Dienstagabend in Kandahar getroffen worden. In sozialen Medien wurde gemutmaßt, die Taliban benutzten die Frage des Schulbesuchs als Druckmittel, um internationale Anerkennung zu erreichen. Ein früherer Regierungsberater meinte, der kurzfristige Rückzieher zeige einen Bruch in der Führungsriege der Islamisten. Westliche Länder machen eine Anerkennung der Taliban-Regierung unter anderem von Fortschritten bei Frauenrechten abhängig.

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet forderte die Islamisten auf, »das Recht aller Mädchen auf Bildung zu respektieren und die Schulen für alle Schülerinnen unverzüglich wieder zu öffnen«. Mädchen und Frauen das Recht auf Bildung zu verweigern, verletze deren Menschenrechte und setze sie vermehrt »Gewalt, Armut und Ausbeutung aus«, betonte Bachelet. Die UN-Mission in Afghanistan (Unama) verurteilte auf Twitter die Entscheidung der Taliban. Auch Amnesty International kritisierte den Rückzieher und äußerte sich zutiefst besorgt über die Nachricht. »Die derzeit von den Taliban verfolgte Politik ist diskriminierend, ungerecht und verstößt gegen das Völkerrecht«, twitterte die Menschenrechtsorganisation. Mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -