Die Macht des Eigentums

Schwarze und Arme sind in den USA besonders von Zwangsräumung betroffen

  • Johanna Soll
  • Lesedauer: 3 Min.

Schwarze Mieter*innen werden in den USA fast doppelt so häufig ihrer Wohnungen verwiesen wie weiße. Dies war bereits vor der Pandemie der Fall und setzt sich nun fort. Grund dafür sind die ungleichen Vermögensverhältnisse zwischen schwarzen und weißen US-Amerikaner*innen: Im Jahr 2021 besaßen in den USA 74 Prozent der weißen Familien Wohneigentum, aber nur 43 Prozent der schwarzen Familien - es wohnen also mehr schwarze Menschen zur Miete.

Seit das Moratorium für Zwangsräumungen im vergangenen Sommer endete, nahmen Räumungsklagen im Vergleich zu den drei vorangegangenen Monaten um 20 Prozent zu. Diese Daten ermittelte das Eviction Lab, das »Räumungslabor«, der Princeton Universität im US-Bundesstaat New Jersey, das zur Räumungskrise in den USA forscht. Dazu werden die Entwicklungen in sechs Bundesstaaten und 31 Städten verfolgt.

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Die Folgen einer Zwangsräumung sind oft verheerend und von Dauer. Eine zwangsweise Ausweisung aus einer Mietwohnung wird öffentlich vermerkt. Dies erschwert es einer betroffenen Person, künftig eine sichere und bezahlbare Unterkunft zu finden. Auch müssen Zwangsgeräumte oft höhere Mieten zahlen, als sie sich leisten können, und sind häufig auf zweifelhafte Vermieter*innen angewiesen. Viele von Zwangsräumungen betroffene Menschen sind arm und müssen 60 bis 70 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Dadurch entsteht ein Rückkopplungseffekt, der wiederum das Risiko einer weiteren Zwangsräumung erhöht. Nachdem sie ihre Wohnung auf diesem Wege verloren haben, leben ehemalige Mieter*innen oftmals bei Verwandten oder Freund*innen oder in ihren Autos.

Vermieterfreundliches Mietrecht

Im vergangenen Herbst, nach Ende des Zwangsräumungsverbots, befragte das Nationale Wohnungsrechtsprojekt 119 Rechtsanwält*innen in 41 Bundesstaaten zu den Auswirkungen. 40 Prozent der Befragten berichteten über eine Zunahme von Vermieter*innen, die vor Gericht lügen, um eine Zwangsräumung zu erwirken; sie verändern Mietbedingungen, um den lokalen Mieterschutz zu umgehen, ohne die Mieter*innen zu benachrichtigen; sie bestreiten, Geld erhalten zu haben, um das gerichtliche Räumungsverfahren aufrechtzuerhalten; sie halten Reparaturarbeiten zurück, um die Wohnungen unbewohnbar zu machen.

»Es ist diese Machtsache mit Vermieter*innen«, sagte Eric Dunn vom Nationalen Wohnungsrechtsprojekt dem US-Magazin »New Republic«. »Sie beweisen, dass sie mit ihrem Eigentum machen können, was sie wollen. Mieter*innen sollen keine Rechte haben.« Das extrem vermieterfreundliche Mietrecht in den USA führt zu einem gravierenden Kräfteungleichgewicht der Mietparteien. Der fehlende Mieterschutz wird noch dadurch verstärkt, dass laut einer Studie von 2010 in den USA im Durchschnitt 90 Prozent der Vermieter*innen anwaltlich vertreten sind, während 90 Prozent der Mieter*innen keinen Rechtsbeistand haben.

Viele Hürden bei Antrag auf Miethilfe

Dem Gericht sind zumeist die Hände gebunden, denn die einzige Frage in einem Räumungsprozess ist, ob die Miete gezahlt wurde oder nicht. Die Richter*innen haben kaum Ermessensspielraum. Zwar hat der US-Kongress im vergangenen Jahr 46,4 Milliarden Dollar an Miethilfen bewilligt, doch dabei gibt es zwei Probleme: Zum einen nutzen viele Bundesstaaten die Mittel anderweitig und zum anderen ist es für arme Menschen schwierig, an die Finanzhilfen zu kommen.

Jeder Bundesstaat hat eigene Programme und Verfahren für die Auszahlung. Mieter*innen müssen einige Hürden nehmen: Die Online-Formulare stellen zumeist für ältere Menschen eine Herausforderung dar oder für die, die keinen Internetzugang haben. Die Web-Formulare sind außerdem nicht sehr Smartphone-freundlich, doch viele arme Mieter*innen haben nur ein Smartphone, keinen Computer. Hinzu kommt, dass für den Antrag auf Miethilfe die Mitarbeit der Vermietenden notwendig ist. Diese müssen Unterlagen einschließlich eines Mietvertrags und der ausstehenden Mietforderungen vorlegen und den Antrag unterzeichnen. Oftmals ist das Verhältnis der Parteien zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits zu schlecht.

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