Dağdelen teilt gegen Lafontaine-Kritiker aus

Nach der Landtagswahl im Saarland übt die Linke-Bundestagsabgeordnete in einem Facebook-Beitrag scharfe Kritik an Teilen ihrer Partei

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem Debakel bei der Landtagswahl im Saarland hat die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen in den sozialen Netzwerken scharfe Kritik an Teilen ihrer Partei geübt. Nachdem Die Linke bei der Wahl am Sonntag nur 2,6 Prozent der Stimmen erhalten hatte und sogar aus dem Parlament geflogen war, nahm Dağdelen den erst kurz zuvor ausgetretenen Oskar Lafontaine gegen Vorwürfe aus den eigenen Reihen in Schutz und teilte dafür umso mehr gegen dessen Kritiker*innen aus. »Nicht diejenigen haben Recht, die über Jahre auf die Ausgrenzung und Marginalisierung von Oskar Lafontaine hingearbeitet haben, weil sie die Partei zu einer woken, identitätspolitischen Partei ummodeln wollen«, schrieb sie bei Facebook.

Der ehemalige SPD-Ministerpräsident und langjährige Linke-Fraktionsvorsitzende im Saarland hatte die Partei gut eine Woche vor der Wahl verlassen und sie in einer Abschiedserklärung eines falschen politischen Kurses bezichtigt. Vorausgegangen war allerdings ein innerparteilicher Kleinkrieg mit Landeschef Thomas Lutze, an dem auch das einstige Urgestein seinen Anteil hatte. Dessen Austritt zu diesem maximal ungünstigen Zeitpunkt wird nun von vielen Genoss*innen als Versuch der mutwilligen Zerstörung gedeutet. Tenor: Lafontaine habe der Linken größtmöglichen Schaden zufügen wollen.

Dağdelen fürchtet um linke Grundsätze

So hatte Landeschef Lutze bereits kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Saarländischen Rundfunk seinem Frust freien Lauf gelassen. »Das war eine gezielte Sabotage«, griff er Lafontaine vor laufenden Kameras direkt an: »Wenn du solche Leute in den eigenen Reihen hast, kannst du kein Spiel gewinnen.« Auch Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow hatte Lafontaine am Montag in der Bundespressekonferenz in die Mitschuld gezogen: »Er weiß um seine Verantwortung.« Außerdem hatte sie angesichts der fortwährenden innerparteilichen Konflikte in der gesamten Partei, die ebenfalls als Grund für die Wahlniederlage im Saarland herangezogen werden können, mehrere Anträge angekündigt, die auf dem Bundesparteitag im Juni in Erfurt eingebracht werden sollen – darunter auch einen zur Außen- und Sicherheitspolitik. In diesem Bereich gibt es auch nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine noch viel Konfliktpotenzial, die Debatte um die Positionierung des Ältestenrats ist nur das jüngste Beispiel.

Sevim Dağdelen hingegen kritisiert, bisherige friedenspolitische Gewissheiten der Linken würden zunehmend in Frage gestellt. »Gebraucht wird eine linke Kraft, die entschieden und unbeirrt Kurs auf Völkerrecht, Entspannung und Diplomatie in der Außenpolitik hält«, anstatt »das Fähnchen in den Wind« zu hängen und »einer Vergrößerung der Nato sowie Waffenlieferungen in Kriegsgebiete« das Wort zu reden, schreibt die Abgeordnete. Und weiter: »Wer mit Blick auf den Erfurter Parteitag im Sommer meint, jetzt alle Kraft in das Schleifen außen- und friedenspolitischer Maxime stecken zu müssen«, gebe bereits die nächsten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen im Mai verloren.

Auch verteidigte Dağdelen den bisherigen Vorsitzenden des Ältestenrats, Hans Modrow, als »verdienten Genossen«. Demgegenüber will der Bundesvorstand den Ältestenrat neu berufen, nachdem in einem an die Öffentlichkeit gelangten Papier aus diesem Gremium der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands relativiert worden war.

De Masi zweifelt an Neufanfang

Ganz anders äußerte sich Fabio De Masi. »Eine rationale Linke, die im weitesten Sinne sozialdemokratische Konzepte für Wirtschaft, Umwelt/Energiepolitik und Außenpolitik auf der Höhe der Zeit verkörpert, wäre trotz der öffentlichen Abgesänge und der Krisen des modernen Finanzkapitalismus nötiger denn je«, schrieb der Ex-Europa-Abgeordnete bei Facebook. Zugleich zeigte er sich skeptisch, ob ein Neuanfang überhaupt noch gelingen könne: »Es ist längst eine Mogadischu-Linke, in der unterschiedliche Stammesführer nur noch die eigene schmale Anhängerschaft bedienen.« Er habe sich »innerlich bereits so stark von meiner Partei entfremdet, dass mir derzeit der Glaube an dieses Projekt abhanden gekommen ist«.

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