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In Paris zentralisierte Wirtschaft
Unter Präsident Emmanuel Macron wurden in Frankreich viele Jobs geschaffen, doch die Disparitäten im Land wuchsen
Emmanuel Macron hofft auf eine zweite Amtszeit im Pariser Elyséepalast. Im Falle einer Wiederwahl zum »Präsidenten der Französischen Republik« dürfte klar sein, dass er seinen Kurs in der Wirtschafts-, Finanz- und Europapolitik weitgehend beibehalten wird. Als Erfolge seiner bisherigen fünfjährigen Amtszeit führt Macron an erster Stelle die Erholung der Industrie an.
»Die Regierung hat zahlreiche Reformvorhaben angestoßen«, schreibt auch die deutsche Außenhandelsgesellschaft GTAI in ihrer Frankreich-Analyse. Veränderungen im Arbeitsrecht und bei der Arbeitslosenversicherung sowie Steuersenkungen hätten den Standort attraktiver gemacht. So hat Macron Kriterien für Entlassungen gelockert. Unternehmen können sich nun leichter von Beschäftigten trennen, Abfindungen sind geringer. Wirtschaftsvertreter argumentieren, dass dies zu mehr Neueinstellungen führe, weil die Sorge entfalle, neue Mitarbeiter nicht wieder kündigen zu können.
Frankreich ist nach Deutschland mit einem Bruttoinlandsprodukt von 2,4 Billionen Euro die zweitgrößte Volkswirtschaft in der Europäischen Union und liegt weltweit auf dem sechsten Platz. Die Bevölkerung wächst und beträgt 68 Millionen. Die Handelsbeziehungen gen Osten sind sehr eng: Deutschland ist der mit Abstand wichtigste Handelspartner.
Umgekehrt war Frankreich 2021 das drittwichtigste Zielland deutscher Exporte hinter den USA und China und steht an sechster Stelle als Herkunftsland deutscher Importe. hape
Macron kam aber auch den Gewerkschaften entgegen. Beispielsweise erhalten unbefristet Angestellte nun schon nach acht Monaten eine Abfindung statt bislang nach zwölf. Und die betriebliche Ausbildung wurde nach deutschem Vorbild reformiert.
Im Ergebnis stieg die Zahl der Ausbildungsverträge, die Arbeitslosenquote sank trotz Corona-Pandemie von 9,5 auf 7,4 Prozent, und die Beschäftigungsquote kletterte auf den höchsten Stand seit den 1970er Jahren. Die Volkswirtschaft insgesamt ist schon seit Herbst zurück auf dem Vorkrisenniveau. Für Deutschland erwarten die Wirtschaftsweisen dies im günstigsten Fall im dritten Quartal 2022.
Wie groß aber der Anteil politischer Maßnahmen am wirtschaftlichen Erfolg ist, bleibt umstritten. Seit Beginn der Coronakrise profitiert Frankreich paradoxerweise davon, dass der Industrieanteil am Bruttoinlandsprodukt mit rund zehn Prozent niedrig ist – in der Bundesrepublik ist die Quote etwa doppelt so hoch. Als weltweite Lieferketten zu knirschen begannen und später rissen, bremste dies die französische Wirtschaft daher kaum. Sie ist ohnehin vorrangig auf den heimischen Markt ausgerichtet und weniger abhängig von internationalen Entwicklungen.
»Nach der Ölkrise von 1973 hat Frankreich die Kernkraft als seine Hauptstromquelle ausgebaut«, erklärt Ulrike Kastens, Frankreichexpertin der Investmentgesellschaft DWS. Außerdem verfüge das Land über eine diversifizierte Versorgung, nicht zuletzt mit verflüssigtem Erdgas, und ein Regulierungssystem, das darauf abzielt, große Strompreissteigerungen für Haushalte und kleine Unternehmen zu vermeiden. Diese politischen Weichenstellungen hätten geholfen, dass Frankreich Energiepreisschocks, vermieden hat, wie sie Deutschland bereits in diesem Winter erleben musste.
»Das Wichtigste ist, dass mehr als eine Million Arbeitsplätze geschaffen wurden und wir ein Land haben, in dem die Arbeitslosenquote so stark sinkt und die Erwerbsquote so stark steigt«, tönte Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, der »starke Mann« hinter Macron, in einem Zeitungsinterview. Hinter solcher Wahlkampfrhetorik verblasst manches Problem. So ist die Arbeitslosigkeit wie auch die Staatsverschuldung nach EU-Kriterien immer noch doppelt so hoch wie in Deutschland. Als herausfordernd gelten auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die vielen befristeten Beschäftigungsverhältnisse und die geringe Beschäftigungsquote unter älteren Menschen.
Nachhaltig dürfte auch die wachsende Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Arm und Reich wirken. Ein Phänomen, welches zwar in vielen westlichen Staaten zu beobachten ist, aber in Frankreich durch Paris besonders beflügelt wird. In der Hauptstadt haben alle großen Konzerne mit Ausnahme von Airbus ihre Zentrale, dort fällt ein Großteil der Wertschöpfung an, und hier sammeln sich die »Eliten« – während die Mieten selbst für Münchner Verhältnisse extrem hoch sind und Sozialwohnungen rar.
Während in Paris das jährliche Pro-Kopf-Einkommen von 2007 bis 2020 auf 99 900 Euro stieg, stagnierte es anderswo nahezu. In der ärmsten Region Lorraine im Nordosten Frankreichs an der Grenze zu Belgien, Luxemburg und Deutschland beträgt es 19 900 Euro. Eine Kluft, aus der heraus auch die Gelbwestenbewegung entwachsen war.
Auch fehlen in der Provinz, anders als in Deutschland, die »Hidden Champions«, also mittelständische Weltmarktführer. Gleichzeitig ist in dem großräumigen Flächenland die Bevölkerungsdichte in den meisten Départements gering und die Wege sind weit. Entsprechend mangelhaft ist seit Jahrzehnten die Infrastruktur in vielen Regionen – gerade dort sind Macrons Gegner populär.
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