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Lasst uns in Frieden (40): Rammstein haben »Zeit«
Die Rockband Rammstein hat mit »Zeit« ein kritisches Album vorgelegt
Auch nicht denazifiziert werden müssen Rammstein. In den ersten Jahren nach seiner Gründung 1994 sah sich das Post-DDR-Sextett mit dem Vorwurf zweifelhafter Gesinnung konfrontiert. Es konterte 2001 mit dem etwas sehr eindeutigen Song »Links 2 3 4«. Zu einer anderen Strategie der Rammstein’schen Ästhetik geriet, was man ihnen in ihrer Anfangszeit weniger zugetraut hatte - der gelegentliche Griff zum Klamauk mit ernstem Hintergrund. Dazu gehört der gerade erschienene Electro-Glamrock-Stomper »Zick Zack«. Die ironische Entgegnung auf den kapitalistischen Selbstoptimierungswahn ist die zweite Vorabsingle aus dem für Ende April angekündigten achten Studioalbum Rammsteins. »Zick Zack« kommt mit einem Video des Regisseurs Joern Heitmann, es ist sein zehntes für die Band.
Sein erstes Rammstein-Video konnte der Schauspieler, Musiker und Buchautor Robert Gwisdek Anfang März feiern. Gwisdek hat dem sechsminütigen Titelsong des neuen Rammstein-Albums, der Power-Ballade »Zeit«, einen halluzinatorischen Kurzfilm zur Seite gestellt: Am Anfang steht ein Schiffbruch. In einer Umkehrung der Zeit erscheinen die Ertrunkenen als Besatzung eines Rettungsbootes, das auf schwerer See auf eine Darth-Vader-hafte Kapuzenfigur trifft, einen von mehreren Zeithütern. Daraufhin ein Wald, die Bandmitglieder als Soldaten und Partisanen im Kampf, eine abermalige Zeitumkehr - und es sind Kinder, die den Krieg vorerst spielen. In der dritten Szene agieren die Musiker als Geburtshelfer, in der vierten im Feld als Bauern. Einem von ihnen wird von der schwarz ummantelten die Tochter genommen.
Gwisdek hat mit »Zeit« eines jener Rammstein-Videos gedreht, die voller tatsächlicher oder gedachter Querverweise stecken. Die Sequenz mit den Soldaten, Partisanen und Kindern beispielsweise hat kein Vorbild in einem der zahlreichen osteuropäischen Weltkriegsfilme, sagt Gwisdek. Die Vermutung aber spricht für seine intuitive Methode. »Zeit« gehört in eine Reihe mit dem wahrscheinlichen Geniestreich Rammsteins. Die Rede ist von dem ursprünglich für die Klitschko-Brüder geschriebenen Song »Sonne« und dem dazugehörigen Video Joern Heitmanns, in dem das DDR-Aufbaupathos und die Gebrüder Grimm, Adolf Hennecke und Schneewittchen, kurzgeschlossen werden.
Mitte Mai bis Anfang August gehen Rammstein auf Europa-Tour. Es wird bis dahin schwer möglich sein, aber nach dem Ende des elenden Krieges gehört die Band in das ukrainische Lwiw. Im März hat die Stadt ihre Statuen in Schutzfolien und -gerüste gepackt. Es sind Motive wie auf einem Rammstein-Cover. Und es gibt in Lwiw eine Statue von Leopold von Sacher-Masoch.
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