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Ohne umfassende Reflexion wird die Friedensbewegung untergehen, glaubt Sebastian Weiermann
So viel wie in diesem Jahr ist wohl lange nicht über bei den Ostermärschen und über sie diskutiert worden. Der Krieg in der Ukraine führt zu Polarisierungen. Wenig hilfreich erscheinen dabei Kommentare aus der Ampel-Koalition, die in den Ostermarsch-Teilnehmern die »fünfte Kolonne Putins« sehen oder Pazifismus zur realititätsfernen Träumerei erklären. Gerade in Zeiten eines Krieges sollte mit Respekt behandelt werden, wer eine pazifistische Überzeugung beibehält. Und wer Rüstungsprojekte sowie atomare Gedankenspiele kritisiert, der ist nicht der Feind im eigenen Land, sondern Opposition zur ganz großen Kriegskoalition. Solche Stimmen sind wichtig und müssen gehört werden. Auch sie machen den Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur wie in Russland aus.
Hinterfragen muss sich aber auch die Friedensbewegung in Deutschland. Diese verurteilt den Angriffskrieg allzu oft nur der Form halber, um dann wieder zu sagen, was Friedensbewegte hier schon seit Jahrzehnten erzählen. Irgendwie sind USA und Nato Schuld am Krieg, und wo Widersprüche auftauchen, werden krude Theorien aufgebaut, um die eigene Weltsicht zu bestärken. Das erntet immer größeres Unverständnis. Demobilisierung und alternative Kundgebungen waren die Konsequenz an diesem Wochenende. Wenn die Friedensbewegung nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden will, sollte sie diese Phänomene ernst nehmen und mit den kritischen Stimmen in einen Dialog treten. Diese kommen oft von Linken, die auch das Ziel einer besseren Welt verfolgen. Doch ihre Antworten sind andere. So schätzen viele Exilgruppen den Wert der Demokratie weitaus höher ein als die alte Friedensbewegung. Sie haben Kriegs- und Diktaturerfahrung.
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