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Wer verdient an der Inflation?
Von den steigenden Preisen profitieren Konzerne und Rohstoffexportländer - aber längst nicht alle
Die hohe Inflationsrate macht die meisten Konsumenten ärmer. Da die Preise schneller steigen als Löhne und Sozialleistungen, müssen die Menschen zurückstecken oder Ersparnisse auflösen, so sie denn welche haben. Die Teuerung wird dieses Jahr daher weltweit voraussichtlich die Nachfrage der privaten Haushalte und damit das Wirtschaftswachstum dämpfen. Wer aber profitiert von den gestiegenen Preisen? Die Frage ist derzeit kaum zu beantworten.
Als Erstes geraten insbesondere die großen Unternehmen in den Blick. Schließlich sind sie es, die die Güter teurer machen und dadurch mehr verdienen. Allerdings sind die Firmen gleichzeitig mit höheren Kosten gerade für Rohstoffe und Vorprodukte konfrontiert. So stiegen die Erzeugerpreise - also die Verkaufpreise auf der Ebene der Produzenten - in Deutschland zuletzt um über 30 Prozent. Ob ein Unternehmen diese Kostensteigerungen ganz oder teilweise auf die Preise aufschlagen kann, hängt von der Marktlage und seiner Marktmacht ab. Einige können die Teuerung an die Kunden weitergeben, andere unterlassen dies und verzichten dadurch auf Gewinn, um den Absatz nicht zu gefährden.
Wenig Probleme mit den höheren Preisen hat ein Unternehmen wie der französische Konzern LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton SE, der laut DZ Bank ein »beeindruckendes Umsatzwachstum« im ersten Quartal 2022 erzielt hat. Kein Wunder, stellt der Konzern doch Luxusgüter her, und die Reichen kommen mit höheren Preisen gut klar.
Energiesektor boomt
Ein Rekordergebnis hat im vergangenen Quartal Aurubis erzielt. Der Hersteller von Industriemetallen wie Kupfer profitiert von den hohen Rohstoffpreisen. Angesichts hoher Ölpreise werden dem Energiesektor derzeit gute Geschäfte prognostiziert. Bei den entsprechenden Unternehmen aus dem US-Börsenindex S&P 500 rechnen Aktienanalysten mit einer Gewinnsteigerung von 240 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Energiekonzerne aus dem europäischen Index Stoxx 600 werden laut Schätzungen rund 180 Prozent mehr verdienen. Aber auch andere Branchen dürften deutlich profitabler werden, zum Beispiel die Industrie und Immobilien. Profiteinbußen dagegen erwarten Firmen unter anderem aus dem Finanz- und Konsumgüterbereich.
Klammert man die Energiebranche aus, so dürften die Gewinne der US-Aktiengesellschaften im ersten Quartal in etwa stagniert haben, in Europa ist mit einem Zuwachs von sieben Prozent zu rechnen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Gewinnwachstum in den Vorquartalen extrem hoch gewesen ist, beim Stoxx 600 betrug es rund 60 Prozent. Für die kommenden Quartale wird bei den europäischen Aktiengesellschaften mit Gewinnzuwächsen von 14 bis 20 Prozent gerechnet, die 500 US-Firmen aus dem S&P-Index sollen zehn Prozent mehr verdienen.
Zumindest bezüglich der Unternehmensgewinne »haben sich die schlimmsten Befürchtungen von Ende Februar und Anfang März bisher nicht bewahrheitet«, so die Fondsgesellschaft DWS. Dies zeige sich in der Robustheit der Gewinnschätzungen und der Erholung wichtiger Aktienindizes. So ist der Stoxx 600 von Januar bis März von 490 auf 420 Punkte gefallen und hat sich seitdem wieder auf 460 Punkte erholt. Der US-Index S&P 500 fiel analog von 4800 auf 4200 Punkte im März und legte dann wieder auf 4600 zu. Ab Frühjahr 2022 rechnet DWS aber vor allem für Europa mit einem klar negativen Trend bei den Gewinnschätzungen, weil auf die steigende Inflation voraussichtlich Lohn- und Zinserhöhungen folgen.
Russland verliert
Zu den naheliegenden Profiteuren der aktuellen Lage gehören auch die Rohstoffexportländer. Doch winken ihnen zwar Mehreinnahmen durch die Preissteigerungen bei Öl, Gas, Metallen und landwirtschaftlichen Gütern, so der IWF. Gleichzeitig aber leiden sie unter den steigenden Zinsen und teilweise hohen Schulden, die staatliche Stützungsmaßnahmen begrenzen. Dazu kommt auch bei ihnen die hohe Inflation sowie die Konjunkturschwäche in den Abnehmerländern Europas und Nordamerikas. Dämpfend wirken auch die Pandemiebekämpfungsmaßnahmen in China, durch die das Wachstum 2022 laut IWF auf nur noch 4,4 Prozent fällt.
Per Saldo gibt es Gewinner und Verlierer: Einen kräftigen Schub erhält nach IWF-Prognosen das Wachstum von Rohstoffexporteuren in Nahost, zum Beispiel in den Arabischen Emiraten, Kuwait, Oman und Saudi-Arabien, das dieses Jahr seine Produktion um 7,5 Prozent steigern dürfte. Weitere Profiteure sind Norwegen, Irak und Angola. Abwärts mit dem Wachstum geht es dagegen dieses Jahr in Südafrika, Angola und Sambia. Mexiko und Brasilien befinden sich laut internationalem Bankeninstitut IIF sogar bereits in einer Stagflation. Die Rohstoffexporteure der Region Zentralasien werden durch ihre engen Verbindungen zu Russland gebremst. Russland selbst steht dieses Jahr laut IWF vor einer Schrumpfung seines Bruttoinlandsprodukts von 8,5 Prozent und einer Inflationsrate von 20 Prozent.
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