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Ein großer Sprung

Erster Langzeitaufenthalt von Taikonauten auf chinesischer Raumstation beendet

  • Jacqueline Myrrhe
  • Lesedauer: 4 Min.
Wang Yaping musiziert an Bord der chinesischen Raumstation »Tiangong«
Wang Yaping musiziert an Bord der chinesischen Raumstation »Tiangong«

Warum nicht mal die 13 als Glückszahl? Mit der Landung von »Shenzhou 13« am 16. April um 9.36 Uhr Pekinger Zeit (PKZ) ging ein rekordträchtiger chinesischer Raumflug zu Ende. Besonders für Mannschaftsmitglied Wang Yaping war die 13 ein Glücksbringer. Im Jahr 2013 war sie auf ihrer ersten Mission – als zweite Chinesin im All. Während der »Shenzhou-13«-Mission wurde sie die erste chinesische Frau, die einen zweiten Raumflug und einen Außenbordeinsatz absolvierte. Mit der Landung am Ostersonnabend am Dongfang-Landeplatz in der Inneren Mongolei stellte sie auch einen gesamtchinesischen Rekord auf: 198 Tage Weltraumaufenthalt – kein Chinese war länger im All als sie.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Die »Shenzhou-13«-Mission startete am 16. Oktober 2021 um 00.23 Uhr PKZ vom Kosmodrom Jiuquan mit der Rakete »Langer Marsch 2F«. Das Kommando wurde Generalmajor Zhai Zhigang übertragen. Seine Crew bestand aus Missionsspezialistin Wang Yaping und Raumfahrtneuling Ye Guangfu. Der anfängliche Medienrummel um die Teilnahme von Wang Yaping legte sich im Laufe des Fluges wieder. Trotzdem sind Taikonautinnen rar, ganze zwei der bis heute im All gewesenen 13 chinesischen Raumflieger. In der neuen, der dritten Auswahlgruppe, deren Namen noch nicht veröffentlicht wurden, ist wieder nur eine Frau unter den 18 Neuen.

»Shenzhou-13« dockte sechseinhalb Stunden nach dem Start an das Zentralmodul »Tianhe«, das bislang einzige Segment der im Aufbau befindlichen chinesischen Raumstation »Tiangong«, an. Weitere drei Stunden später stieg das »Shenzhou-13«-Trio in das »Tianhe«-Modul um und richtete sich als zweite Besatzung der »Himmlischen Harmonie«, wie »Tianhe« übersetzt heißt, ein. Hao Chun, Chef des Direktorats für bemannte Raumfahrt, formulierte als Hauptaufgabe für den sechsmonatigen Aufenthalt die Verifizierung kritischer Technologien.

Dazu gehörten das Testen der Raumstationssysteme für Langzeitaufenthalte von Taikonauten, genauso wie das Arbeiten mit dem Roboterarm für die Unterstützung bei Außenbordarbeiten oder für das Umsetzen des »Tianzhou-2«-Frachtraumschiffes von einem Kopplungsstutzen zum anderen. Letzteres war gleichzeitig ein entscheidender Test in Vorbereitung der Montage der beiden Forschungsmodule »Wentian« im Juli und »Mengtian« im Oktober dieses Jahres. Beide Labore werden zunächst am zentralen, in Flugrichtung hinteren, Kopplungsstutzen ankoppeln und dann per Roboterarm um 90 Grad nach links beziehungsweise rechts versetzt, sodass eine T-förmige Konfiguration entsteht.

Routinearbeiten wie das Entladen des »Tianzhou-3« Frachtraumschiffes, die Pflege und Wartung der Bordsysteme, wissenschaftliche Forschungsexperimente und human-physiologische Selbsttests und Gesundheitschecks, standen ebenso auf dem Plan der Crew. Huang Weifen, Chefkonstrukteur für Astronautensysteme des chinesischen bemannten Raumfahrtprogramms, detaillierte auf der Pressekonferenz nach der Landung das Arbeitspensum: »Sie führten mehr als 40 Experimente und Tests auf den Gebieten der Raumfahrtmedizin, -psychologie, -ergonomie und Materialforschung aus, erfassten und analysierten In-Orbit-Daten. Darüber hinaus führte die Besatzung auch ein umfangreiches Gesundheitsmonitoring und Fitnesstraining durch und nahm eine große Anzahl von Videos und Fotos für den naturwissenschaftlichen Unterricht auf.«

Singen und Musizieren waren nicht nur Teil der Unterhaltung zum Neujahrs- und Laternenfest, sondern dienten auch wissenschaftlicher Forschung. Wang Yaping und Ye Guangfu hatten je ein Musikinstrument mit ins All genommen. Chinesische Forscher gehen davon aus, dass Musik hilft, psychischen Belastungen, besonders in der zweiten Hälfte des Raumfluges, entgegenzuwirken. China setzt dabei auch auf das gemeinsame Singen mit dem Bodenpersonal.
Bei den beiden Außenbordeinsätzen von insgesamt zwölfeinhalb Stunden Dauer wurden unter anderem die Außenkameras justiert und Haltestutzen und Trittplatten an der Außenseite von »Tianhe« installiert.

Yang Hong, Chefkonstrukteur für bemannte Raumstationssysteme beim industriellen Hauptauftragnehmer China Academy of Space Technology, zeigte sich auf der Pressekonferenz am 17. April mit dem Zustand des Zentralmoduls sehr zufrieden: »Die Testdaten zeigen, dass die ›Tianhe‹-Systeme die Anforderungen übertroffen haben. Das Lebenserhaltungssystem hat eine gute Kabinenatmosphäre bereitgestellt. Die Wasseraufbereitungsanlage erreichte eine Effizienz von 95 Prozent.«

Im Juni ist der Start der nächsten Mannschaft mit »Shenzhou-14« geplant. Nach sechs Monaten gibt es erstmals eine Übergabe an die folgende Crew an Bord der Station. Damit soll die permanente Besetzung des chinesischen Außenpostens starten. Pro Jahr sind zwei Missionen von sechs Monaten Dauer avisiert.

China hat wiederholt um internationale Beteiligung an seinem Raumstationsprojekt geworben. Die USA hatten stets Vorbehalte bezüglich einer Beteiligung Chinas an der Internationalen Raumstation ISS. Mit der Entkopplung des Westens von Russland bleibt abzuwarten, wie lange die ISS weiterbetrieben werden wird und welche zukünftige Rolle die chinesische Station spielen kann.

In einem Interview vom 16. April mit chinesischen Medien äußerte sich Bai Linhou, Stellvertretender Chefkonstrukteur der chinesischen Raumstation sehr optimistisch. Er bestätigte, dass internationale Partner Module ankoppeln könnten, einschließlich Russland: »Es ist machbar, aber bedarf gewisser Anpassungen. Chinas Raumstation war von vornherein so konzipiert, dass ausländische Astronauten sich zurechtfinden.«

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