Zweifel an der Integrität

Gericht urteilt: Tinderprofil von ranghoher Soldatin zu Recht sanktioniert

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Anastasia Biefang polarisiert. Vorgesetzte wurden im Jahr 2019 disziplinarisch tätig und erteilten einen Verweis, den am vergangenen Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte. Der Grund: Eine Formulierung im Profil auf der Dating-Plattform Tinder, das Biefang privat betreibt.

Die transgeschlechtliche Soldatin im Rang einer Frau Oberstleutnant führte als Kommandeurin das Informationstechnikbataillon 381 im brandenburgischen Storkow. Ende Oktober 2020 verabschiedete ihr Bataillon die heute 47-Jährige mit einem Appell und sorgte dabei für Aufsehen. Die Kommandeurin fuhr auf der Ladefläche eines Lastwagens die Front der angetretenen Soldat*innen ab, an dessen Aussenseiten zwei große regenbogenfarbene Einhörner angebracht waren, die unter anderem als Symbol für Bisexualität und für queere Identitäten stehen.

Längst lief zu diesem Zeitpunkt aber ein Verfahren gegen Biefang. Der Dienstherr nahm Anstoß an sexpositiven Äußerungen der in einer offenen Beziehung lebenden Biefang, die sich via Tinder als »Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung auf der Suche nach Sex. All genders welcome« offen positionierte. Zu viel für die Disziplinarvorgesetzten von Biefang, die den erteilten Verweis nun legitimiert bekamen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte im Kern die Entscheidung der Vorinstanz. Das Truppendienstgericht hatte einen Verstoß gegen die Pflicht von Soldatinnen und Soldaten gesehen, auch außerhalb des Dienstes »ordnungsgemäß« aufzutreten. Die Formulierung in der Tinder-Anzeige habe Zweifel an der moralischen Integrität der Kommandeurin erweckt.

Das Urteil sorgte auch in den sozialen Medien für Empörung. Queere Soldat*innen riefen zur Solidarisierung auf, während sich ein ähnlich ranghoher Soldat, der sich in seinem beruflichen Profil zur Mitgliedschaft in der umstrittenen Werteunion bekennt, mahnend ausließ. »Die Informationsarbeit der Bundeswehr hat sie so hochgejubelt, dass man sie nicht mehr wie einen Feld-, Wald- und Wiesenoffizier behandeln konnte«, so der Stabsoffizier, der einer Namensnennung nicht zustimmte. Biefang könne dankbar für das milde Urteil sein.

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»Ich bin von der Entscheidung des Gerichts enttäuscht und kann diese in der Begründung und im Ergebnis überhaupt nicht nachvollziehen«, so Biefang im »nd«-Gespräch. »Die Charakterisierung meiner Sexualität als «wahllos» und «promiskuitiv» zeugt von einem veralteten Verständnis von Sexualverhalten und tradierten und überkommenen Wert- und Moralvorstellungen – insbesondere gegenüber Frauen.« Sie wünscht sich nun Unterstützung. Das Verteidigungsministerium solle Sorge tragen, das Privatleben von Soldat*innen besser zu schützen und kritisierte die heteronormative Sexualmoral, die in der Truppe Maßstab ist. »Wir leben schliesslich im 21. Jahrhundert«, so Biefang.

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