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Delfine erkennen Freunde am Urin
Forscher lassen Delfine Urin von Artgenossen schmecken
Delfine kommunizieren mit akustischen Signalen miteinander. Doch sie benutzen auch ihren Geschmackssinn dazu. Wie eine kürzlich publizierte Studie von US-Wissenschaftlern zeigt, erkennen sie befreundete Artgenossen am Geschmack von deren Urin. »Delfine halten ihr Maul offen und probieren den Urin von vertrauten Individuen länger als den von unbekannten«, erklärte der Forscher Jason Bruck von der Stephen F. Austin State University im US-Bundesstaat Texas. »Das ist wichtig, weil Delfine die ersten Wirbeltiere sind, bei denen eine soziale Erkennung allein durch den Geschmack nachgewiesen wurde«, ergänzt der Erstautor der im Fachjournal »Science Advances« veröffentlichten Studie.
Die Nutzung des Geschmackssinns als Erkennungsmethode könnte der Studie zufolge im offenen Ozean sehr vorteilhaft sein, da Urinfahnen noch eine Weile nach dem Wegschwimmen eines Tieres bestehen bleiben. Delfine haben keine Riechkolben, sodass sie ihre Artgenossen nicht am Geruch erkennen können.
Um ihre Theorie zu untersuchen, trainierten die Forscher acht Große Tümmler zunächst, Urinproben im Austausch für Futter abzugeben. Anschließend legten die Forscher den Tieren Urinproben von bekannten und unbekannten Artgenossen vor. Dabei stellten sie fest, dass die Tiere etwa dreimal so viel Zeit mit dem Urin bekannter Tiere wie dem Urin von ihnen unbekannten Tümmlern verbrachten.
In einem weiteren Experiment spielten die Forscher zusätzlich zu den Urinproben noch Pfeiftöne von Delfinen ab. Die Delfine blieben dabei länger in der Nähe des Lautsprechers, wenn die Töne vom gleichen Tier wie die Urinprobe stammten. Die Forscher deuten dieses Verhalten bei übereinstimmenden Signalen als Zeichen, dass die Tümmler bekannte Tiere erkannt haben.
Die Forscher vermuten, dass wasserunlösliche fettähnliche Stoffe, sogenannte Lipide, einzigartige chemische Signaturen bilden, die die Delfine erkennen. Es sei »wahrscheinlich, dass Delfine auch andere Informationen aus dem Urin extrahieren können, wie beispielsweise den Fortpflanzungszustand«, schreiben die Forscher in der Studie. Auch könnten sie möglicherweise Botenstoffe im Urin einsetzen, um das Verhalten ihrer Artgenossen zu beeinflussen.
Die Forscher warnen, dass vom Menschen verursachte Umweltverschmutzungen wie Öllecks oder andere chemische Abwässer die Fähigkeit der Delfine, sich gegenseitig zu schmecken, beeinträchtigen könnten. Dies muss allerdings noch weiter untersucht werden.
Auch Menschen besitzen das Gen, das Delfinen das Erkennen der Lipide ermöglicht. Menschen hilft es zu erkennen, wann sie genug gegessen haben. Die Untersuchung des Gens bei Delfinen könnte daher zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise beim Menschen beitragen. AFP/nd
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