Werbung
  • Politik
  • Sondervermögen Bundeswehr

Wenig Chancen für Abweichler

Nur wenige Abgeordnete der Regierungsparteien dürften gegen das Sondervermögen Bundeswehr stimmen

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 3 Min.

Um das Sondervermögens Bundeswehr in der Verfassung zu verankern, benötigt Kanzler Olaf Scholz eine Zweidrittelmehrheit. Die Union hat er dafür bereits auf seine Seite gezogen, wenngleich mit entscheidenden Zugeständnissen: So sollen die 100 Milliarden Euro komplett für die Bundeswehr verwendet werden und nicht zu einem Teil, wie von den Grünen gewollt, für Cybersicherheit und Zivilschutz.

Nun muss er noch die eigenen Reihen schließen, was ihm aber deutlich weniger Probleme bereiten dürfte. Zwar hatte Scholz, als er bei seiner Regierungserklärung kurz nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine das Sondervermögen ankündigte, vor allem seine eigene SPD-Fraktion damit überrumpelt. Allerdings ist äußerst unwahrscheinlich, dass nun eine nennenswerte Zahl von Ampel-Abgeordneten gegen die Aufrüstung stimmen wird. Die Zweidrittelmehrheit steht – wenngleich es auch Abweicher*innen geben wird.

Zu den prominentesten Kritiker*innen gehört Jessica Rosenthal: Die Juso-Chefin lehnt den Kompromiss zwischen Koalition und Union ab. »Ich bin nicht bereit, für ein Sondervermögen Bundeswehr am Grundgesetz herumzudoktern, obwohl der Fehler an ganz anderer Stelle liegt«, schreibt Rosenthal in einem Gastbeitrag für den »Spiegel«. Zwar müsse die Demokratie nach außen wie nach innen verteidigt werden, doch ein Sondervermögen allein für die Bundeswehr greife zu kurz: »Was sollen wir antworten, wenn Pflegekräfte fragen, warum 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr da sind, aber kein Geld für bessere Bezahlung?«, fragt sie.

Auch in den Reihen der Grünen sind einige Abgeordnete unzufrieden, wenn auch vor allem mit den Zugeständnissen an die Union. »Mit diesem Beschluss ist die angemessene Finanzierung unserer Cybersicherheit nicht geklärt, und damit zum Beispiel der Schutz unserer Wasserversorgung vor Hacker-Angriffen«, sagte etwa die Chefin der bayerischen Landesgruppe, Jamila Schäfer aus dem linken Parteiflügel.

In der Grünen-Fraktion waren bislang vor allem Canan Bayram und Kathrin Henneberger durch abweichendes Abstimmungsverhalten aufgefallen: Bayram, die bei der Bundestagswahl ein Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg gewonnen hatte, hat in dieser Legislaturperiode gegen jeden Militäreinsatz gestimmt, die Klimaaktivistin Henneberger gegen den im Irak und die Bundeswehr-Beteiligung an der Nato-Operation »Sea Guardian« im Mittelmeer. Zum Sondervermögen fragte Bayram im März auf ihrer Website: »Bleibt es beim Gedanken der Abschreckung oder ist die Diskursverschiebung schon absehbar, dass man in wenigen Jahren mitspielen will, wenn die großen Weltmächte versuchen, sich gegenseitig in die Knie zu zwingen?« Die Juristin gehört also auch in puncto 100 Milliarden zu den Kritiker*innen, und es ist davon auszugehen, dass sie mit »Nein« stimmen wird. Henneberger hat sich zum Sondervermögen bislang nicht öffentlich geäußert.

Da aber die Union angekündigt hat, dem Kompromiss mit breiter Mehrheit zuzustimmen, dürften die wenigen Gegenstimmen nicht ins Gewicht fallen. Ursprünglich hatte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) gedroht, seine Fraktion werde nur die für eine Zweidrittelmehrheit unbedingt nötigen Stimmen beisteuern. In diesem Falle hätten möglicherweise wenige Ampel-Gegenstimmen das Sondervermögen zu Fall bringen können.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.