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- Generaldebatte im Bundestag
Der Trumpf des Kanzlers
Scholz verspricht in Generaldebatte des Bundestages der Ukraine neue Waffensysteme
Friedrich Merz (CDU) ist als Erster dran. Als Vorsitzendem der größten Oppositionsfraktion im Bundestag obliegt es ihm, die traditionelle Generaldebatte in der Haushaltswoche zu eröffnen. Dass sein Vortrag zunächst gar nicht wie die oft so genannte Abrechnung mit der Regierungspolitik daherkommt, kann nur kurz verwirren – die Spitzen gegen die Ampel und vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lassen nicht lange auf sich warten. Ohne allzuviel vorwegzunehmen: Merz weiß an diesem Mittwochmorgen seine Unionsfraktion zu unterhalten.
So beginnt er seine Rede mit einem Lob für die am Sonntag erzielte Einigung zwischen Union und Ampel zur Grundgesetzänderung für das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr. Dieser Tag sei zuallerst ein »guter Tag für die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit unseres Landes und ein guter Tag für die Bundeswehr«, so Merz. So weit der freundliche Teil.
Denn schon der auf die Belobigung der eigenen Verhandler folgende Dank an die Ampel-Regierung ist ein vergifteter: »Ich will ebenfalls einen Dank sagen an die Koalitionsfraktionen, dass sie bereit waren, unseren Wünschen vollumfänglich zu folgen, was die Ausgestaltung dieses Sondervermögens …« Weiter kommt er nicht, oder will es auch gar nicht, die kalkulierte Provokation hat funktioniert: Gelächter bei der Union, Zwischenrufe von der Ampel. Letztere Reaktion nimmt er sogleich auf und referiert für die Entrüsteten den Unionserfolg: 100 Milliarden Euro ausschließlich für die Bundeswehr, ein Wirtschaftsplan, ein Finanzierungsgesetz, das klarstelle, dass Deutschland auch dann, wenn die Summe ausgeschöpft ist, allen Nato-Verpflichtungen nachkommen werde, das könnten »auch mehr als zwei Prozent« des Bruttoinlandsprodukts sein, so Merz.
Es folgen die nun schon hinlänglich bekannten Vorwürfe an den Kanzler. Zu zögerlich sein Agieren bei Waffenlieferungen an die Ukraine, zu schwach sein Einsatz auf europäischer Ebene für eine gemeinsame Sicherheitspolitik, zu unklar seine Äußerungen. Der Kanzler rede viel in letzter Zeit, sage aber nichts und das von ihm gebrauchte Wort Zeitenwende bleibe »beziehungslos im Raum stehen«, so Merz.
Scholz, der danach dran und scheinbar – soweit es bei dem unterkühlten Hanseaten zu beurteilen ist – ziemlich genervt ist von den immer gleichen Anwürfen, gibt diese umgehend an Merz zurück. Dieser habe nichts Konkretes gesagt, stelle nur Fragen, ohne sich selbst zu positionieren und wenn er dies doch tue, »wird‹s peinlich«, so Scholz. Unrecht hat er damit nicht. So unterhaltsam Merz› Rede für seine Anhänger auch war, so wenig machte er eigene Positionen deutlich. Und für seine Ansicht, dass eine bessere Ausstattung der Bundeswehr auch über einen Solidaritätszuschlag zu finanzieren gewesen wäre, erntet er vom Kanzler ebenso wie im weiteren Debattenverlauf von Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nicht nur Kritik, sondern auch Spott. Ein Soli bedeute, dass auch Leute, die nur 60 000 bis 70 000 Euro pro Jahr verdienten, für eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr bezahlen würden, so Scholz: »Was für ein merkwürdiger Einfall.«
Seinen Trumpf hält Scholz da noch zurück und widmet sich zunächst der innenpolitischen Arbeit seiner Regierung. Von den Entlastungspaketen über den Mindestlohn, das Rentenpaket und die Bafög-Novelle bis zum Vorschlag einer »konzertierten Aktion« gemeinsam mit den Sozialpartnern, um der hohen Inflation zu begegnen – Scholz nimmt sich viel Zeit, um beschlossene und kommende Segnungen ins rechte Licht zu rücken.
Erst dann ist die Zeit für Scholz gekommen, sich ausführlich dem Ukraine-Krieg zu widmen und sich Merz erneut zur Brust zu nehmen. Dessen Vorwürfe in Bezug auf ein zu zögerliches Handeln und zu geringe Lieferungen schwerer Waffen nennt Scholz »dahergeredet« und zählt die bisher geleistete oder versprochene militärische Hilfe auf, darunter Luftabwehrraketen, Gepard-Flugabwehrpanzer und die Panzerhaubitze 2000.
Jetzt sieht Scholz auch die Zeit gekommen, die Katze, sprich die Zusage weiterer schwerer Waffensysteme für die Ukraine, aus dem Sack zu lassen: das moderne Flugabwehrsystem Iris-T des Herstellers Diehl, mit dem man die Ukraine in die Lage versetzen werde, »eine ganze Großstadt vor russischen Luftangriffen zu schützen«, so der Sozialdemokrat. Hinzu kommt ein modernes Ortungsradar, das Artillerie aufklären kann. Zudem werde man die von den USA angekündigte Lieferung von Mehrfachraketenwerfern »nach unseren technischen Möglichkeiten« unterstützen.
Wie die Deutsche Presseagentur berichtet, soll es sich dabei laut Regierungskreisen um vier Mehrfachraketenwerfer aus Beständen der Bundeswehr handeln, in enger Abstimmung mit den USA, die auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Systemen übernehmen würden. Geplant sei, die Systeme bis Ende des Monats an die Ukraine zu liefern.
Von all dem – sowohl von der von Scholz skizzierten Sozialpolitik wie auch dem Regierungshandeln in Sachen Ukraine-Krieg und dem Sondervermögen für die Bundeswehr – hält die Linkspartei: nichts. Der Bundeshaushalt für das Jahr 2022 sei »nicht sozial« und »zutiefst ungerecht«, auf die Krisen unserer Zeit habe die Regierung keine sozialen Antworten und der Krieg in der Ukraine sei »nicht mit militärischen Mitteln zu gewinnen«, so Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali.
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