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Orban schützt Kirill
Ungarn verhindert Sanktionen gegen Russlands Kirchenoberhaupt
Erdöl, SWIFT und Einzelpersonen wie Russlands Kirchenoberhaupt Kirill – mit dem sechsten Sanktionspaket will die Europäische Union Russland international weiter isolieren. Und muss nun erst einmal nachverhandeln. Noch bevor am Mittwoch das Beschlussverfahren auf den Weg gebracht werden konnte, setzte sich Ungarn in der Nacht zum Dienstag nach wochenlangem Streit bei einem Gipfeltreffen mit der Forderung durch, dass Öllieferungen per Pipeline von dem Einfuhrstopp ausgenommen werden.
Mit dem neuen Sanktionspaket wollte die EU auch den Patriarchen der Russisch-Orthodoxen Kirche Kirill bestrafen. Anfang Mai hatte Litauen die Strafmaßnahmen gegen das geistige Oberhaupt von mehr als 110 Millionen Menschen angestrengt. Ungarns Präsident Viktor Orban erklärte damals im Radio, dass seine Regierung »es nicht zulassen« werde, dass »führende Kirchenmitglieder auf eine Sanktionsliste gesetzt werden«. Die Russisch-Orthodoxe Kirche sprach davon, dass Sanktionen gegen Patriarch Kirill gegen den »gesunden Menschenverstand« verstößen und man die Kirche nicht mit der »Aufnahme in irgendwelche Listen« in Angst versetzen solle.
Der 75-jährige Kirill, der wie viele wichtige Regierungsmitglieder aus St. Petersburg stammt, steht seit seinem Amtsantritt 2009 fest zum Präsidenten Wladimir Putin. 2012 beschrieb er Putins Herrschaft als »Wunder Gottes«, das die wirtschaftlichen Turbulenzen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 beendet habe. Im Westen wird die Nähe der Kirche zum Kreml mit Verwunderung und Sorge betrachtet. Dabei richtet Kirill seine Institution stark nach dem alten orthodoxen Prinzip der »Symphonie«, also dem Zusammenwirken von Kirche und Staat, aus.
In den vergangenen Wochen hat sich Kirill wiederholt für den russischen Feldzug in der Ukraine ausgesprochen und seine Anhängerschaft aufgefordert, sich geschlossen hinter Moskaus Kampf gegen »äußere und innere Feinde« zu stellen. Im Februar sprach er von einem Kampf gegen die »Mächte des Bösen«, die sich der historischen Einheit von Russland und Ukraine widersetzten.
Seine Kommentare haben ihm eine Zurechtweisung von Papst Franziskus eingebracht, der Kirill in einer Videokonferenz im März sagte, dass religiöse Führer »nicht die Sprache der Politik, sondern die Sprache Jesu verwenden müssen«. Später verkündete der Papst, ein für Juni in Jerusalem geplantes Treffen beider Männer sei gestrichen worden.
Für die EU waren die Aussagen und die bedingungslose Unterstützung des in Russland als »Sonderoperation« bezeichneten Krieges Anlass, Kirill auf die Sanktionsliste zu setzen. Danach hätte der Patriarch nicht mehr in die EU einreisen können, auch seine ausländischen Vermögenswerte wären eingefroren worden.
Ungarn wollte die Sanktionierung allerdings nicht akzeptieren. Orban hatte seine Haltung zuletzt »mit der Frage der Glaubensfreiheit ungarischer Religionsgemeinschaften« begründet. Diese sei »heilig und unveräußerlich«. Am 31.Mai kommentierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa den EU-Plan mit den Worten, man solle lieber beten, dass der Patriarch keine Sanktionen EU erlasse. Obwohl die orthodoxe Minderheit marginal ist, konnte sich der ungarische Präsident zum Missfallen seiner EU-Kollegen durchsetzen und die Sanktionierung Kirills verhindern.
Litauen ist unterdessen bemüht, die kleine orthodoxe Kirche im Land vom Moskauer Patriarchat loszulösen. Diesen Schritt hatte zuvor bereits die Ukraine unternommen. Am 31. Mai beschloss die Werchowna Rada einstimmig Sanktionen gegen Patriarch Kirill. Danach darf Russlands Kirchenoberhaupt in den kommenden zehn Jahren nicht in die Ukraine reisen oder Kapital aus dem Land ausführen.
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