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RTL-Richterin
Barbara Salesch spricht wieder im Namen von TV-Deutschland Urteile
Die Richter*in will die Beweisaufnahme schließen, da stürmt plötzlich eine unbekannte Person in den Gerichtssaal. Sie erklärt, der Mord, die Entführung oder der Überfall habe sich anders zugetragen, als es die angehörten Zeug*innen im Prozess aussagten. Noch schlimmer: In Wirklichkeit wurden alle von den wahren Täter*innen gekauft, sind mit diesen liiert oder verwandt. Skandal! Aufregung! Erstaunte Gesichter! Es folgen Freisprüche für die zu unrecht Angeklagten, Justitia lässt Gerechtigkeit walten. Klingt absurd? So verkaufte das Fernsehen seinen Zuschauer*innen Ende der 90er bis weit in die Nullerjahre hinein jeden werktäglichen Nachmittag den angeblichen Alltag an deutschen Gerichten. Während das brave ZDF Zivilstreitigkeiten rund um falsch gesetzte Gartenzäune verhandelte, erweckten RTL und Sat 1 den Eindruck, Mord und Totschlag seien hierzulande genauso Alltag wie Strafzettel fürs Falschparken.
Besonders viele fiktive Straftäter*innen brachte Barbara Salesch für Sat 1 hinter Gitter. Sie sprach in genau 2147 Folgen einer nach ihr benannten Gerichtsshow Urteile im Namen des TV-Volkes. Pointe nicht nur im Fall Salesch: Viele Fernseh-Richter*innen dieser Ära entschieden auch im realen Leben über Recht und Unrecht, die gebürtige Karlsruherin arbeitete vor ihrer Schauspielkarriere in Hamburg als Staatsanwältin und stand später einer Kleinen Strafkammer am Landgericht der Hansestadt vor, ehe sie von 1999 bis 2012 wie am Fließband Laiendarsteller*innen verknackte. TV-Gerichtsshows waren billig zu produzierendes Material für das Nachmittagsprogramm.
Seit einigen Jahren versendet RTL auf einem Spartenkanal alte Episoden. Dabei erzielte Quoten veranlassen die Kölner Mediengruppe nun, das Genre TV-Gericht wiederzubeleben. Salesch, inzwischen 72 Jahre alt und als Künstlerin tätig, streift sich dafür noch einmal ihre Richterrobe über. Im Unterschied zu früher spricht sie bald statt bei Sat 1 für RTL ihre Urteile.
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