Sozialisten feiern großen Sieg

64,2 Prozent der Stimmen für den Bernauer Bürgermeister André Stahl (Linke)

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Hat den Schlüssel zum Erfolg: Bürgermeister André Stahl (r.)
Hat den Schlüssel zum Erfolg: Bürgermeister André Stahl (r.)

»Der Wahnsinn! Wir können es noch!« Begeistert feierte Brandenburgs Linke-Landesvorsitzender Sebastian Walter am Sonntagabend den Wahlsieg seines Genossen André Stahl bei der Bürgermeisterwahl in Bernau (Barnim). 2014 wurde Stahl Oberhaupt der Stadt vor den Toren Berlins. Jetzt hat er seinen Posten eindrucksvoll verteidigt. 35 727 Wahlberechtigte waren aufgerufen, darüber abzustimmen, wer die Geschicke von Bernau künftig lenken soll. Nach der Auszählung der abgegebenen Stimmen stand um 19.24 Uhr fest: Mit einem Anteil von 64,2 Prozent machte André Stahl bereits im ersten Wahlgang alles klar. Weil er eine absolute Mehrheit erreichte, ist keine Stichwahl nötig.

Anette Kluth (Freie Wähler) erhielt mit 29,4 Prozent nicht einmal halb so viele Stimmen wie Stahl. Ganz bitter wurde es für Lars Stepniak-Bockelmann (SPD). Obwohl ihn auch die Grünen unterstützt hatten, blamierte er sich mit kläglichen 3,4 Prozent. Ebenso abgeschlagen: Markus Brendel von der Querdenker-Partei »Die Basis« mit 1,8 Prozent und Mario Schlauß von der Spaßpartei »Die Partei« mit 1,2 Prozent.

Stepniak-Bockelmann ist zwar Vorsitzender der SPD in Bernau, aber offensichtlich hatte ein nicht unerheblicher Teil des eigenen Ortsverbandes ihn nicht für den richtigen Kandidaten gehalten. Er war erst im zweiten Anlauf mit einem wenig berauschenden Ergebnis nominiert worden. Außerdem hatte er bei der Kommunalwahl 2019 nicht genug Stimmen erhalten, um ins Stadtparlament einzuziehen. Er darf lediglich als sachkundiger Einwohner im Umweltausschuss mitmischen, weil es dazu nicht des Vertrauens der Bevölkerung bedurfte. Eine ernsthafte Konkurrenz für Stahl war Stepniak-Bockelmann also nicht.

Dieser Rang kam den Freien Wählern in Bernau schon eher zu. In der Stadt lebt ihr umtriebiger Landtagsfraktionschef Péter Vida, der 2019 den dortigen Landtagswahlkreis gewann. Doch die Bürgermeisterkandidatin Anette Kluth ist in Bernau längst nicht so populär wie Vida. »Das Ergebnis zugunsten des Amtsinhabers ist eindeutig«, mussten die Freien Wähler am Montag eingestehen. Stahls Bekanntheit und sein Medienvorsprung seien schwer zu schlagen gewesen. Auch habe sich die niedrige Wahlbeteiligung von 44,3 Prozent zum Nachteil der Freien Wähler ausgewirkt. »Unter diesen Umständen gehen wir als Freie Wähler und ich als Kandidatin gestärkt aus der Wahl und sehen der Kommunalwahl 2024 zuversichtlich entgegen«, machte Kluth sich und ihren Getreuen Mut. »Rund 30 Prozent sind für mich als Kandidatin, die zu Beginn des Wahlkampfes noch relativ unbekannt war, ein gutes Ergebnis, auf das ich stolz bin.«

Die Frage des Medienvorsprungs beurteilen die Sozialisten anders. Sie hatten enttäuscht festgestellt, dass die Lokalredaktion der »Märkischen Oderzeitung« wichtige Wahlkampftermine des Bürgermeisters ignoriert habe.

Bei der Linkspartei hatten wenige vorher eine Prognose gewagt. »Wenn wir in Bernau nicht gewinnen, dann gewinnen wir nirgendwo«, hatte zwar die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige am Freitag gesagt. Doch die Abgeordnete hatte sich nicht auf einen Wahlsieg Stahls festgelegt. Zu oft hatte Die Linke zuvor weniger gut oder noch schlechter abgeschnitten als erwartet. Auch Bürgermeister Stahl selbst wollte nicht den Fehler machen, seine Mitbewerber zu unterschätzen. Nur sein Wahlkampfchef Dominik Rabe hatte sich während der ganzen Kampagne bester Dinge und zuversichtlich gezeigt, dass Stahl die absolute Mehrheit bekommen werde. Rabe ließ sich zuletzt aber aus taktischen Gründen nicht mehr damit zitieren, um Stahls Anhänger nicht auf den Gedanken zu bringen, sie könnten sich den Weg zum Wahllokal sparen, da der Bürgermeister so oder so gewinne.

64,2 Prozent seien eine »tolle Bestätigung« für Stahls Arbeit in den zurückliegenden acht Jahren, würdigte Linke-Landeschef Walter am Montag das Ergebnis. Mit Marco Beckendorf in Wiesenburg, der sein Bürgermeisteramt im Herbst ebenfalls verteidigen wolle, und dem Landtagsabgeordneten Thomas Domres, der bei der Bürgermeisterwahl in Perleberg antrete, »sind wir auch in anderen Regionen Brandenburgs gut aufgestellt«, meinte Walter. »Das Agieren von André als Bürgermeister und sein Wahlkampf sind dafür die richtige Orientierung.«    Seite 9

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