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Hitzewelle so früh wie nie
Spanien leidet unter Rekordtemperaturen und Waldbränden
Am vergangenen Samstag war es im baskischen Donostia (San Sebastian) sage und schreibe 43,5 Grad heiß. Alle bisherigen Hitzerekorde in der Stadt wurden pulverisiert, dabei hat der Sommer noch nicht einmal begonnen. Die Hitzewelle erreichte an der Atlantikküste in Nordspanien die höchsten Werte. Sogar im Hochland wurden Temperaturen von 42 Grad gemessen. Es war dort sogar heißer als in der Wüstengegend um Saragossa, wo solche Temperaturen schon früher erreicht wurden, allerdings im Hochsommer und nicht im Frühjahr.
Angesichts der Hitzewelle kam aus wieder zu heftigen Waldbränden – zahlreiche wüten noch immer hinter den baskischen Bergen in Navarra und im Rest des Staates. Feuerwehren versuchen weiter, etwa 30 Großbrände in Navarra zu stabilisieren oder unter Kontrolle zu bringen. Dort wird von »historischen Dimensionen« gesprochen. Obwohl sich die klimatischen Bedingungen verbessert haben, sind zwei Großbrände noch außer Kontrolle und insgesamt acht Gemeinden weiterhin evakuiert. Der Sprecher der Regionalregierung von Navarra, Javier Remírez, sieht zwar eine gewisse Entspannung im Vergleich zum Wochenende, er ist aber angesichts weiterhin hoher Temperaturen vorsichtig mit Optimismus.
Da nicht vor Donnerstag mit Abkühlung und Regen zu rechnen ist, hat die sozialdemokratische Regionalregierungschefin Maria Chivite nun die Feuer zur Sommersonnenwende am bevorstehenden Johannistag verboten. Zu spät, so meinen Kritiker, seien auch Erntearbeiten verboten worden, bei denen die Maschinen immer wieder Funken schlagen. Ihr Einsatz führt bei der extremen Trockenheit schnell zu Bränden, die vom starken, heißen Wind schnell zu Großbränden angefacht werden. Millionenschäden sind zu verzeichnen, da in Navarra auch ein Teil der Weizenernte zum Opfer der Flammen wurde.
Besonders hart wurde von der Hitzewelle und Bränden auch das nordspanische Katalonien getroffen, wo sich die Lage aber dank gesunkener Temperaturen mittlerweile stabilisiert hat. 200 Brände waren dort in nur fünf Tagen registriert worden. Schon jetzt ist in Katalonien eine größere Fläche abgebrannt als im gesamten Vorjahr. In ganz Spanien ist in den letzten zehn Tagen mehr als 40 000 Hektar Wald zum Opfer der Flammen geworden.
Etwa die Hälfte der abgebrannten Fläche findet sich in der Sierra de la Culebra in der westspanischen Provinz Zamora. Die Bewohner evakuierter Gemeinden an der Grenze zu Portugal beklagten, dass sich fehlende Mittel zur Brandbekämpfung nun rächen würden. Die konservativ-rechtsextreme Regionalregierung von Kastilien-León habe keine Hilfe geschickt, weshalb es zum bisher größten Brand in der Geschichte der Region gekommen sei. Für die Regionalregierung beginnt die Brandsaison offiziell erst ab dem 1. Juli. Die Politiker kämen nur in das »geleerte Spanien«, um Fotos und Versprechungen zu machen, erklärten erzürnte Anwohner, die sich aber auch von der sozialdemokratischen Zentralregierung alleingelassen fühlen.
Offensichtlich muss sich auch die vom Klimawandel besonders hart getroffene Iberische Halbinsel erst noch an diese Vorgänge anpassen. »Die Waldbrandsaison hat sich verlängert«, stellte der Weltklimarat IPCC in seinem letzten Bericht fest. »Die Zunahme von Hitzewellen in Verbindung mit Dürreperioden und Änderungen in der Landnutzung haben die Feuchtigkeit in den Brennstoffen (Vegetation) verändert, was das Brandrisiko erhöht, die Brandsaison verlängert und die Wahrscheinlichkeit von Großbränden vervielfacht«, so die IPCC-Analyse.
Spanische Meteorologen weisen darauf hin, dass es die bisher früheste Hitzewelle eines Jahres war, die zudem mit zehn Tagen sehr lange angehalten habe. Solche Temperaturen wären sogar im Sommer zwischen Juli und August extrem gewesen, erklärt der Wetterdienst. Es zeige sich ein Teufelskreis: Trockne die Vegetation stark aus, seien Hitzewellen dann der ideale Nährboden für Großbrände. Die Entwicklung sorgt auch dafür, dass die Wüstenbildung in Teilen Spaniens rasant zunimmt. Der IPCC geht davon aus, dass Waldbrände bei der derzeitigen Erwärmung bis 2030 im Durchschnitt um 14 Prozent und bis Ende des Jahrhunderts um 50 Prozent zunehmen werden. Dies verschärfe die Klimakrise noch, da darüber große Mengen klimaschädliches CO2 freigesetzt werde, das in der Vegetation gebunden ist.
Das Ganze hat auch wieder Rückwirkung auf den Menschen. So beklagte Ibrahim Thiaw, Exekutivsekretär des UN-Übereinkommens zur Bekämpfung der Wüstenbildung, kürzlich bei einem Besuch in Madrid: »Es gibt kein Bewusstsein dafür, dass Dürre letztlich Brände, Hunger und Rezession bedeuten.« Desertifikation bedeute nämlich auch den Verlust von Lebensmitteln und von Wasserqualität.
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