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EU-Notfallplan Gas mit Sparzwang
Mitgliedsstaaten sollen Verbrauch zunächst um 15 Prozent reduzieren
In der EU herrscht ein leicht panischer und zugleich kriegerischer Tonfall vor, wenn es um Gasknappheit und einen möglichen Lieferstopp von russischer Seite geht. Vor diesem Hintergrund will die EU-Kommission die Mitgliedsländer jetzt im Rahmen eines am Mittwoch vorgestellten Notfallplans Gas unter bestimmten Bedingungen zu Verbrauchsreduzierungen zwingen. Dies könnte nach Einschätzung von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schnell nötig werden. »Russland erpresst uns, Russland setzt Energie als Waffe ein«, sagte die Politikerin am Mittwoch in Brüssel. Bereits jetzt würden zwölf EU-Länder nicht mehr oder nur eingeschränkt von Russland mit Gas beliefert.
Der Plan sieht ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst sollen die Mitgliedstaaten freiwillig ihren Gasverbrauch um 15 Prozent reduzieren. Dies könne unter anderem durch die Drosselung von Heizungen auch in Privathaushalten und die Verlängerung der Laufzeiten von Atom- oder Kohlekraftwerken geschehen, schlägt die Kommission vor. Sollte dies bis Ende März 2023 nicht ausreichen, will die Kommission mit einem neuen »Notfallinstrument« durchgreifen und Zwangsmaßnahmen verhängen.
Die von Deutschland erhoffte Energie-Hilfe durch Nachbarn wie Frankreich oder Polen knüpft die Kommission an Bedingungen. Danach soll ein Land Solidarität nur dann einfordern können, wenn es seine Gasnachfrage ausreichend reduziert hat.
Bisher hat die EU-Kommission keine Befugnis, Energieeinsparungen in Mitgliedsländern zu erzwingen. Per Verordnung will sie sich dafür eine Sondervollmacht geben lassen. Dem müssten die Mitgliedsländer aber mit qualifizierter Mehrheit zustimmen, das bedeutet mindestens 15 der 27 Länder, die zusammen 65 Prozent der EU-Bürger umfassen. Die EU-Energieminister wollen sich kommenden Dienstag mit den Plänen befassen.
Unterdessen kündigte der Netzwerkbetreiber Gascade am Mittwoch an, dass diesen Donnerstag die Lieferungen russischen Gases durch die Pipeline Nord Stream 1 wohl wie geplant wieder aufgenommen werden. Gascade unterhält die beiden Empfangsterminals der Pipeline in Mecklenburg-Vorpommern. Die Lieferungen waren wegen regulärer Wartungsarbeiten für zehn Tage unterbrochen worden. Die Bundesregierung hatte daraufhin spekuliert, dass Russland die Lieferungen danach nicht wieder aufnehmen oder weiter drosseln könnte. Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte am Mittwoch indes an, der Konzern Gazprom werde seine Verpflichtungen »in vollem Umfang« erfüllen. Voraussetzung sei aber, dass Russland die in Kanada reparierte Gasturbine zurück erhalte, sagte Putin in Teheran. Diese war aufgrund der EU-Sanktionen gegen Russland von Kanada lange zurückgehalten worden. Ohne die Turbine sinke die Durchlassfähigkeit von Nord Stream 1 von theoretisch möglichen 167 auf 30 Millionen Kubikmeter pro Tag, so Putin.
Mit Agenturen
Seiten 3 und 15
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