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Freund und Feind
Der frühere Putin-Berater Anatolij Tschubais liegt mit mysteriösen Symptomen in einer Klinik
Wieder einmal liegt ein »oppositioneller« Russe im Krankenhaus und niemand weiß, was geschehen ist. Am Wochenende wurde Anatolij Tschubais in ein sardisches Krankenhaus eingeliefert. Guillain-Barré-Syndrom lautet die offizielle Diagnose. Doch so recht will niemand glauben, dass Tschubais an der seltenen Nervenkrankheit leidet, das Gerücht über eine Vergiftung geht um.
Die Karriere von Tschubais nahm während der Perestroika im damaligen Leningrad Fahrt auf. Der studierte Okönom holte viele Reformer in die Stadt, um sie zu einem Modell für das ganze Land zu machen. In den Neunzigern wurde Tschubais zu einem der engsten Vertrauten des damaligen Präsidenten Boris Jelzin und einer der Väter der Privatisierung. Dafür verachteten ihn die Russen. In Umfragen schnitt er schlecht ab, man warf ihm vor, dem Land geschadet zu haben. »Weil er Russland verkauft habe«, seien mindestens drei Mordanschläge auf ihn geplant worden, sagte Tschubais in den 2000ern. Doch er überlebte, physisch wie politisch.
Neben dem heutigen Verteidigungsminister Sergej Schoigu ist er der Einzige aus der Jelzin-Zeit, der auch unter Wladimir Putin im Machtkreis blieb. Das lag weniger an seinen Fähigkeiten als an den Jahren in Putins Heimatstadt Leningrad, aus der der Präsident sein engstes Umfeld rekrutiert. Ende März sorgte Tschubais für einen Paukenschlag: Als erster hoher Beamter sagte er öffentlich Nein zum Krieg des Kremls in der Ukraine, verließ die Regierung und anschließend das Land in unbekannte Richtung. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow beteuerte, man habe nicht die Mittel und kein Interesse daran, das Schicksal von Tschubais zu verfolgen, schließlich sei er nicht mehr Mitarbeiter der Regierung. Die Einlieferung in das Krankenhaus von Olbia führt zumindest zu Spekulationen, dass der Kreml Tschubais doch verfolgte. Ist doch das Schema bekannt. Immerhin soll es Tschubais wieder besser gehen.
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