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Gerade Familien sollten rechtzeitig Vorkehrungen treffen
Vorsorge für den Ernstfall: Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Anträge bei Versicherungen und Ämtern, offene Rechnungen oder der Zugriff aufs Gehaltskonto: Haben Partner eine Vorsorgevollmacht erteilt, sind sie für den Ernstfall gut gewappnet. Wenn einem der beiden etwas zustößt, kann der andere mitentscheiden – andernfalls muss das Gericht einen Betreuer oder eine Betreuerin bestellen. Wenn die Partner Kinder haben, ist es sinnvoll, eine weitere Vertrauensperson zu benennen. Leider hegen viele eine gewisse Scheu vor diesem Thema, weshalb es oft schwerfällt, über diese notwendigen Dinge rechtzeitig zu sprechen.
Zu Inhalt und Form der Vorsorgevollmacht
Die Vorsorgevollmacht ist ein Dokument, in dem einer Person erlaubt wird, für einen selbst zu entscheiden oder zu handeln. Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, welche Person ihre Angelegenheiten wahrnehmen kann, wenn Sie es nicht mehr können. Sie können jede geschäftsfähige Person benennen – also grundsätzlich jede Person über 18 Jahre. Mit der Vollmacht übertragen Sie weitreichende Befugnisse. Bevollmächtigen Sie also nur Personen, denen Sie zu 100 Prozent vertrauen. Denn diese Befugnisse können auch missbraucht werden. Ist kein Bevollmächtigter benannt, muss durch das Betreuungsgericht ein Betreuer bestellt werden. Bis dahin kann keiner eine Entscheidung für Sie treffen.
Besprechen Sie das Dokument mit dem Bevollmächtigten. Am besten unterschreibt er die Vollmachtsurkunde ebenfalls. Sie können die Vollmacht auf unterschiedliche Personen aufteilen und nur einzelne Bereiche einer Person zuordnen. Zum Beispiel: Frau Meier überträgt die Vermögenssorge auf ihre Tochter Kerstin, die sich gut in Finanzfragen auskennt. Ihrem Sohn Peter überträgt sie die Vollmacht für Gesundheitsfragen und Aufenthalt. Haben Sie mehrere Personen als Bevollmächtigte für die gleichen Aufgaben bestimmt, sollte jede Person auch alleine entscheiden können. Andernfalls müssen die Bevollmächtigten immer gemeinsam auftreten und entscheiden. Gibt es keine Einigung oder ist ein Bevollmächtigter nicht erreichbar, kann keiner handeln.
Die Vorsorgevollmacht ist schriftlich abzufassen. Sie muss Namen, Geburtsdatum und Anschrift des Vollmachtgebers enthalten. Außerdem muss die Person die Vollmacht unterschreiben und mit Ort und Datum versehen. Eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht zwingend erforderlich, erhöht aber bei rechtlichen Angelegenheiten die Akzeptanz. Bei den Betreuungsbehörden besteht die Möglichkeit, die Unterschrift des Vollmachtgebers für 10 Euro beglaubigen zu lassen. Rechtlicher Rat empfiehlt sich bei komplizierten Regelungen, wenn Vermögen vorhanden ist oder es Streit in der Familie gibt.
Wichtig ist: Banken erkennen private Vorsorgevollmachten regelmäßig nicht an. Teilweise gibt es sogar bei beurkundeten Vollmachten Probleme. Zwar halten einige Gerichte das inzwischen für unzulässig. Aber: Füllen Sie am besten eine gesonderte Bankvollmacht aus, um Streitigkeiten zu vermeiden. Fragen Sie bei der Gelegenheit nach, ob es Besonderheiten für das Online-Banking gibt.
Eine ausdrückliche Bevollmächtigung ist erforderlich, um über eine medizinische Behandlung mit schwerwiegenden Folgen, über den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen oder
unterbringungsähnliche und freiheitsbeschränkende Maßnahmen zu entscheiden (§§ 1904, 1906 Bürgerliches Gesetzbuch). Das gilt auch für die Einsicht in die Pflegedokumentation im Falle der Pflegebedürftigkeit sowie für die Entbindung von der Schweigepflicht.
Beginn und Ende oder Widerruf einer Vollmacht
Eine Vollmacht ist sofort wirksam. Auch wenn Ihnen dies als sinnvoll erscheinen mag, verzichten Sie auf Einschränkungen in der Vollmacht. Andernfalls müsste die bevollmächtigte Person die besonderen Voraussetzungen bei jeder Nutzung der Vollmacht nachweisen. Das kann Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht hervorrufen und macht die Nutzung wenig praktikabel.
Sie können die bevollmächtigte Person aber anweisen, die Vollmacht erst zu nutzen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Eine solche Anweisung regeln Sie in einem gesonderten Dokument. Das wird auch als »Regelung im Innenverhältnis« bezeichnet. Diese Vereinbarung sehen nur Sie und der Bevollmächtigte.
Im Innenverhältnis können Sie regeln, wie der Bevollmächtigte die Vollmacht nutzen soll. Zum Beispiel können Sie bestimmen, mit wem sich der Bevollmächtigte abstimmen soll oder wer bei mehreren Bevollmächtigten wann entscheiden darf. Sofern nicht anders geregelt ist, endet die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers. Empfehlenswert ist eine Klausel, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gelten soll. So kann der Bevollmächtigte nach dem Tod des Vollmachtgebers zum Beispiel die Beerdigung organisieren.
Die Vollmacht endet in dem Fall erst, wenn die Erben die Vollmacht widerrufen. Sie können eine Vollmacht jederzeit ändern oder widerrufen. Voraussetzung ist, dass Sie nach wie vor geschäftsfähig sind. Die Änderungen nehmen Sie an der Originalvollmacht vor. Widerrufen oder ändern Sie Ihre Vollmacht, dann lassen Sie sich alle alten Versionen und Kopien zurückgeben – vernichten Sie die alte Version. Fertigen Sie eine neue Vollmacht an, machen Sie auf dieser deutlich, dass die neue Variante die alte Vollmacht ersetzen soll.
Betreuungsverfügung neben einer Vollmacht – muss das sein?
Eine gesonderte Betreuungsverfügung neben einer Vollmacht ist eigentlich nicht erforderlich. Da Regelungslücken in einer Vorsorgevollmacht, beispielsweise durch Rechtsänderungen nicht ausgeschlossen werden können, muss möglicherweise für einzelne Entscheidungen doch ein Betreuer bestellt werden. Für diesen sehr seltenen Fall sollte die Vorsorgevollmacht vorsorglich eine ergänzende Betreuungsverfügung enthalten.
Was regelt eine Betreuungsverfügung? Können Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln und eine Vorsorgevollmacht liegt nicht vor, so bestimmt das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer. Durch eine Betreuungsverfügung legen Sie fest, welche Person das Gericht als Betreuer auswählen soll. Sie können dem Gericht auch mitteilen, wer keinesfalls Betreuer sein soll. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, weitere Regelungen und Wünsche aufzunehmen. Zum Beispiel: In einer Betreuungsverfügung können Sie festlegen, dass Ihre Enkel zu ihrer Hochzeit einen bestimmten Geldbetrag erhalten sollen.
Der rechtliche Betreuer ist gesetzlich verpflichtet, geäußerte Wünsche des Betreuten zu berücksichtigen, soweit es nicht dem Wohl des Betreuten widerspricht. Im Unterschied zum Bevollmächtigten wird der Betreuer vom Betreuungsgericht überprüft. Das Betreuungsgericht überprüft, ob die Verfügungen im Sinne des Betreuten sind. Daher ist es wichtig, dass Sie Ihre Wünsche ausdrücklich und möglichst konkret beschreiben. Nur so weiß das Gericht, dass dies Ihr Wille ist.
Die Betreuungsverfügung ist schriftlich abzufassen. Sie können die Betreuungsverfügung jederzeit und ohne Begründung widerrufen. In diesem Fall beseitigen Sie die Originale und Kopien der Betreuungsverfügung. Zum Verfassen der Vollmachten können Sie das Vorsorgehandbuch der Verbraucherzentralen nutzen. Die Broschüre »Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung« der Verbraucherzentralen (siehe Buchtipps auf dieser Seite) enthält praktische Textbausteine, so dass Sie sich die Formulierungen nicht selbst ausdenken müssen.
Bei der Aufbewahrung der Betreuungsverfügung wie auch der Vorsorgevollmacht glauben viele, die Dokumente sicher aufbewahren zu müssen – in Verstecken oder im Tresor. Dabei ist es sinnvoller, wenn der Bevollmächtigte ein Original erhält. Dieser muss nämlich das Original der Vollmacht im Ernstfall vorlegen. Ist Ihnen dies nicht recht, sollten beide Dokumente, die Betreuungsverfügung wie auch die Vorsorgevollmacht, auf jeden Fall leicht zu finden sein – zum Beispiel in einem Ordner »Vorsorgedokumente«.
Sie können auch über die Bundesnotarkammer das Dokument beim zentralen Vorsorgeregister aufnehmen lassen. Im Falle eines Betreuungsverfahrens prüft das Betreuungsgericht, ob eine Vorsorgevollmacht besteht. Der Eintrag kostet einmalig ab 13 Euro (per Post ab 16 Euro). Beim Vorsorgeregister wird nicht die Originalvollmacht hinterlegt. Es wird nur erfasst, dass es eine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung gibt. Eine inhaltliche Prüfung der Verfügungen erfolgt dabei nicht.
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