Staatsschutz vor Gericht

Journalistin klagt gegen Speicherung persönlicher Daten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Presseberichte und andere Veröffentlichungen zum Erstarken rechter Gewalt in Deutschland, zu Neonazi-Klüngel auf dem Land, »braunen« Kameradschaften oder neuen militanten Netzwerken der rechtsextremistischen Szene tragen nicht selten in der Autorenzeile den Namen Andrea Röpke. Die freie Journalistin und Buchautorin ist beim Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen Gegenstand der Sammelleidenschaft jener Behörde geworden.

Noch scheint nicht festzustehen, in welchem Umfang persönliche Daten der 57-Jährigen bei der Staatsschutzabteilung des Amtes gebunkert wurden, das nun selbst die Beantwortung entsprechender Fragen angekündigt hat. Mit dazu beigetragen hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stade. Bei ihm hatte Andrea Röpke Klage gegen das Speichern ihrer Daten durch das LKA erhoben. Dessen Polizeilicher Staatsschutz hatte persönliche Angaben zu der Journalistin in seinen Pool aufgenommen, nachdem ein AfD-Ratsherr aus der Emsland-Stadt Papenburg rechtliche Schritte gegen Röpke in Gang setzen wollte. Sie hatte den Mann in einem Text in seiner Funktion, jedoch ohne Namensnennung erwähnt, weil er den Beitrag zu einem mutmaßlichen Terrornetzwerk im Internet »geliked« hatte. Gemeinsam mit dem Netzwerk erwähnt werden, das könne als Verleumdung angesehen werden, meinte der Kommunalpolitiker sinngemäß.

Die Staatsanwaltschaft aber stellte das Ermittlungsverfahren gegen Andrea Röpke ein. Dennoch landete sie im niedersachsenweiten Polizei-Infosystem »Nivadis« und sogar bei »Inpol«, einem bundesweiten Datenpool. In ihm werden »politisch motivierte Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung« erfasst, und entsprechende Straftäter sowie »Gefährder«. werden ebenfalls eingetragen. Eine Frau, der allenfalls Verleumdung vorgeworfen werden kann, gehört nach den üblichen Bestimmungen wohl kaum in die»Inpol«-Datensammlung. Diese Meinung vertrat auch das Verwaltungsgericht Stade. Es befand: Die Datenspeicherung, so wie sie der Staatsschutz in Hannover in Sachen Röpke vornahm, war nicht rechtmäßig. Der NDR zitiert aus dem Urteil, Journalisten hätten ein hohes Risiko, Ziel haltloser oder querulantisch motivierter Strafanzeigen zu werden. Wörtlich schreiben die Verwaltungsrichter: »Eine weite Auslegung der Norm würde dazu führen, dass polizeiliche Datenbanken als Speichermedium zur Überwachung von Journalistinnen und Journalisten missbraucht werden könnten.«

Die Leitung des Landeskriminalamts will sich bei Andrea Röpke für das Geschehene schriftlich entschuldigen. Auch soll geprüft werden, ob weitere Daten über die Journalistin gespeichert sind. Die deutsche journalisten union (dju) in der Gewerkschaft Verdi begrüßt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Peter Dinkloh, Mediensekretär im Verdi-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen, betont: »Wir betrachten es als eine unserer zentralen Aufgaben, Kolleg*innen wie Andrea Röpke zu unterstützen und öffentlich zu machen, wie insbesondere Sicherheitsbehörden ihre wichtige Arbeit immer wieder erschweren«.

Die oppositionellen Landtagsgrünen fordern Aufklärung zur Frage, wieso der Staatsschutz so aktiv geworden sei, wie es bei Andrea Röple geschehen war. Gesprüft werden müsse das durch eine unabhängige Stelle. Innenminister Boris Pistorius (SPD) müsse die Speicherpraxis des LKA grundlegend durch eine externe Kommission überprüfen lassen. »Gerade in diesen Zeiten, in denen die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten auf vielfältige Weise bedroht wird, ist es skandalös, wenn eine juristisch irrelevante Anzeige aus dem rechtswidrigen Lager zu einer dauerhaften Speicherung durch eine staatliche Sicherheitsbehörde führt«, sagte Marie Kollenrott, innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion.

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