- Kommentare
- Preissteigerungen
Inflation abfedern durch Mietenstopp
Seit Ende letzten Jahres steigen die Preise und damit tickt auch die soziale Zeitbombe, warnt Caren Lay
Seit Ende letzten Jahres steigen die Preise und damit tickt auch die soziale Zeitbombe. Die Inflationsrate betrug von November 2021 bis Februar 2022 um die fünf Prozent. Mit dem Krieg gegen die Ukraine explodierte die Rate auf kontinuierlich sieben bis acht Prozent. Das bedeutet, dass sich die Preise für Waren und Dienstleistungen für private Haushalte extrem verteuert haben. Da die Löhne nicht in gleicher Weise steigen, haben Haushalte am Ende des Monats weniger Geld in der Tasche und können sich weniger kaufen. Im zentralen Lebensbereich des Wohnens müssen die Kosten absehbar begrenzt und die Inflation abgefedert werden. Und das passende Instrument ist zuallererst ein bundesweiter Mietenstopp.
Sind die allgemeinen Verbraucherpreise schon hoch, so sind die Wohnkosten nahezu explodiert. Als erster Energieriese hat RheinEnergie mitgeteilt, die Preise für Gas mehr als zu verdoppeln. Der Konzern rechnet selbst vor: In einer Familienwohnung oder einem Einfamilienhaus mit einem Verbrauch von 15.000 Kilowattstunden werden zukünftig fast 3.000 statt bisher 1.400 Euro fällig. Das trifft viele Mieterinnen und Mieter hart, aber insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen sprengt das das verfügbare Haushaltsbudget. Denn sie sparen sowieso schon an allen Ecken und Enden. Bereits vor den Preissprüngen froren im deutschen Winter zwei Millionen Menschen, weil sie sich das Heizen nicht leisten konnten. Nun wird die soziale Schieflage durch die Inflation noch verschärft.
Zynisch sind vor diesem Hintergrund Aussagen des Chefs des Wohnungsunternehmens LEG und Einkommensmillionärs, Lars von Lackum, es müssten jetzt alle Energie sparen und frieren, damit Firmen nicht ohne Gas blieben und die Produktion einstellen müssten. Vonovia, der größte Wohnungskonzern Deutschlands, will seinen Hunderttausenden Mieterinnen und Mietern pauschal die Heizungen runterdrehen – unabhängig von deren Lebenslagen, Alter oder Gesundheitszustand. Dabei sind die größten privaten Energiekonsumenten nachweislich die wohlhabenden Haushalte und diese haben folglich weitaus größere Einsparpotenziale. Wer bei Vonovia wohnt, ist nicht reich. Wer bei Vonovia wohnt, muss hingegen immer mehr Miete zahlen. Unverhohlen will der Konzern, der allein im ersten Halbjahr einen Milliardengewinn eingefahren hat, von der aktuellen Krisenlage profitieren: Vorstandsvorsitzender Rolf Buch sagt, er »müsse« aufgrund der Inflation die Mieten nochmal anziehen. Die Aussagen der Konzernchefs bewegen sich zwischen arroganter Bevormundung und Abzocke.
Bundeskanzler Scholz rettet indessen das Gasunternehmen Uniper. Doch anstatt private Gaskundinnen und -kunden zu entlasten, will Scholz ihnen die erhöhten Preise überhelfen. »Gasumlage« heißt das. Das Wohngeld soll nun angehoben werden. Doch das ist ein geringer Ausgleich für wenige Haushalte. Es ist notwendig, endlich die Warmmiete zur Grundlage des Wohngeldzuschusses zu machen. Es ist auch notwendig, Kündigungen auszusetzen. Es ist notwendig, Strom- und Gassperren zu verbieten und es braucht einen Energiepreisdeckel. Das muss jetzt kommen, aber das allein wird nicht reichen.
Lesen Sie auch: Vergesellschaftung als Antwort auf die Inflation
Mieten in bestehenden Verträgen dürfen nicht mehr angehoben werden. Das gilt auch und insbesondere für Indexmieten, die per Vertrag an die Inflation gekoppelt sind und die durch zu erwartende Mietsteigerungen viele Haushalte zu ruinieren drohen. Eine Härtefallregelung kann auf der anderen Seite garantieren, dass kein Vermieter und keine Vermieterin aufgrund des Mietenstopps in wirtschaftliche Probleme gerät. Gleichzeitig muss die Mietpreisbremse beim Abschluss neuer Verträge verschärft werden: keine Mieten oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete, keine Ausnahmen. Durch eine überfällige Scharfstellung des Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzbuches sollen überhöhte Mieten endlich abgesenkt werden können. Und zu guter Letzt sollen neue Indexmietverträge untersagt werden. Durch einen solchen Mietenstopp kann die soziale Zeitbombe entschärft werden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.