• Berlin
  • Transformation in Spandau

Siemens Energy verlagert Hunderte Stellen ins Ausland

Die klimaschädliche Produktion soll aus dem Berliner Schaltwerk ins Ausland verlegt werden – Betriebsrat und die IG Metall üben Kritik

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 3 Min.

Offiziell soll es der Umwelt zuliebe geschehen. Bis zu 400 Stellen und somit rund ein Drittel der örtlichen Belegschaft will der Technikkonzern Siemens Energy an seinem Schaltwerk in Berlin-Spandau abbauen. An dem Standort will das Unternehmen, das sich 2019 von der großen Schwester Siemens abgespalten hat, seine Produktion auf klimaneutrale Schaltgeräte ausrichten.

Auslöser soll nicht zuletzt eine sich abzeichnende EU-Verordnung sein, die den Einsatz besonders umweltschädlicher Gase ab 2030 verbieten könnte. Mit auf der Abschussliste steht das Treibhausgas SF6, das in Berlin bisher bei der Herstellung konventioneller Schaltgeräte zum Einsatz kommt. Laut Siemens Energy sei der Wettbewerbsdruck zudem so hoch, dass sich deren Produktion in Spandau schlichtweg nicht mehr rentiere. Über einen sozialverträglichen Stellenabbau wolle man nun mit dem Betriebsrat verhandeln.

Kein Verständnis für den Schritt des Unternehmens und für dessen Begründung hat die IG Metall. Wie die Gewerkschaft kritisiert, steckt hinter dem Stellenabbau in Berlin lediglich eine Verlagerung der klimaschädlichen Produktion ins Ausland. Statt in der deutschen Hauptstadt sollen die Schaltgeräte mit SF6-Ausstoß in China und Mexiko produziert werden.

»Für das Klima macht das keinen Unterschied«, sagt Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, am Dienstag. Nur zu gerne inszeniere sich Siemens Energy in der Berliner Region als Antreiber einer ökologischen Transformation. In Wirklichkeit gehe es jedoch nur darum, strengere Umweltauflagen zu umgehen und zugleich in Deutschland weiterhin als »Saubermann« dazustehen.

Auch wenn es sich bei der Maßnahme nicht um unmittelbare, betriebsbedingte Kündigungen handele, führt Katerndahl aus, wiege der Stellenabbau schwer: »Den Beschäftigten hier gibt das dennoch das Gefühl, dass man einfach auf die Straße gesetzt wird.« In ihrem Berufsalltag seien sie häufig mit zusätzlichen Schichten und Arbeit am Wochenende konfrontiert. »Es ist nicht nachvollziehbar, wie bei so einem Arbeitsdruck noch Personal abgebaut wird.«

Rüdiger Groß, Betriebsrat bei Siemens Energy, sieht das ähnlich. »Es soll woanders produziert werden, weil es dort einfach billiger ist«, sagt er. »Ich will, dass die 400 Arbeitsplätze erhalten bleiben.« Daran, dass Siemens Energy hierfür über die finanziellen Möglichkeiten verfüge, könne überhaupt kein Zweifel bestehen.

Vor den Kopf gestoßen fühlen sich die Beschäftigten laut Groß auch deshalb, weil der Standort eine Vorreiterrolle einnimmt – gerade, wenn es darum geht, von SF6 loszukommen. Unlängst habe man in Spandau Schaltwerke entwickelt, bei denen auf das umweltschädliche Treibhausgas verzichtet wird. »Es gibt noch gar keine anderen Standorte, die das können«, führt Groß aus. Nun werde man dafür, den ersten Schritt gewagt zu haben, mit Stellenabbau belohnt. »Das ist total unfair.«

Der Betriebsrat pocht darauf, dass Siemens Energy den Standort in Spandau bei dem Weg in die Zukunft voll unterstützt. Nirgendwo sonst seien so gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der SF6-freien Schaltwerke vorhanden wie in Spandau: »Das Ganze ist technisch mega anspruchsvoll und passt zum Innovationsstandort Berlin.« Die Schaltwerke seien bereits mehrfach verkauft worden, zuletzt nach Schottland.

Bis zum Inkrafttreten der möglichen EU-Verordnung sei noch mehr als genug Zeit. »Wir verstehen nicht, warum man jetzt schon ein Produkt weggibt, bevor das andere überhaupt erst richtig angelaufen ist«, sagt Groß. »Wenn sich das Transformation nennt, dann ist es das hässliche Gesicht der Transformation.«

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