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Energiesparmodus für Berlin
Der Senat hat einen Energiesparplan für den öffentlichen Sektor beschlossen
Berlin wird kälter – zumindest werden es alle Gebäude der öffentlichen Verwaltung, wie Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) in der Senatspressekonferenz am Dienstag ankündigte. Schwarz stellte den Energiesparplan vor, der zuvor vom Senat beschlossen worden war und mit sofortiger Wirkung in Kraft tritt. Die Maßnahmen sollen den Strom- und Gasverbrauch des öffentlichen Sektors um mindestens zehn Prozent senken.
Wirklich spürbar werden die Einsparungen wohl erst, wenn sich die hochsommerliche Hitze gelegt hat. »Der wichtigste Hebel ist natürlich die Wärme«, so Schwarz. Öffentliche Gebäude und Landesunternehmen sollen mit Beginn der Heizsaison nur noch auf 20 statt bisher 21 Grad Celsius geheizt werden. Eine noch geringere Raumtemperatur in Büros, Schulen und Aufenthaltsräumen lässt die Arbeitsstättenregelung (ASR) nicht zu – bis jetzt. »Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die ASR mehr Spielraum bietet und auch 19 Grad zulässt«, sagte Schwarz. Flure sollen nur bis auf 16 Grad geheizt werden. Zudem wird das Warmwasser in den Toiletten abgeschaltet, Händewaschen geht dann nur noch kalt.
Ausgenommen von den Raumtemperatursenkungen sind Krankenhäuser, Pflegeheime, Kitas, Grundschulen, Mensen und Justizvollzugsanstalten, auch das Warmwasser bleibt diesen Einrichtungen erhalten. Warmes Duschen wird in Sportanlagen der öffentlichen Hand ebenfalls weiterhin möglich sein. Viel Energie zum Aufwärmen des Wassers verbrauchen Schwimmbäder. Sie sollen deshalb auf maximal 26 Grad geheizt werden, Außenbecken überhaupt nicht mehr.
Neben den kurzfristig machbaren Temperatursenkungen steht außerdem die Sanierung der Heizungsanlagen auf dem Programm. Das dient laut Schwarz dazu, »den Energieverbrauch nachhaltig zu senken und die Wärmeversorgung zu dekarbonisieren«. Bis wann dieser aufwendigere und zudem klimapolitisch relevante Punkt umgesetzt werden soll, verriet Schwarz jedoch nicht.
Nicht nur beim Heizen, sondern auch beim Stromverbrauch sollen die Gasspeicher entlastet werden, die Abhängigkeit vom russischen Gas soll gemildert werden. Neben den bereits abgeschalteten Außenbeleuchtungen an 200 repräsentativen Gebäuden ist nun geplant, die Innenbeleuchtung an die Betriebszeiten anzupassen und überall LED-Lichtquellen einzusetzen. Offenbar um den Bedenken der Bevölkerung entgegenzuwirken, betont Schwarz: »Wir werden die damit einhergehenden Veränderungen spüren, aber es wird nicht dunkel werden in Berlin.«
Damit spielt er auf die bereits Ende Juli angedeuteten Pläne an, im Winter auf Weihnachtsbeleuchtungen zu verzichten. Ein Verbot lässt Schwarz nicht anklingen, finanzieren würde Berlin die weihnachtliche Leuchtdekoration allerdings auch nicht. Das sei aber schon 2020 vom Senat beschlossen worden und werde so beibehalten. »Wir dürfen ja in so einer Situation nicht noch zusätzlichen Energieverbrauch subventionieren«, erklärte Schwarz. Für Veranstaltungen wie das Festival of Lights sei das Land ohnehin nicht verantwortlich, die Organisatoren hätten aber versichert, bei der Wahl der Leuchtmittel sowie den Beleuchtungszeiten auf Sparsamkeit zu achten.
Das Maßnahmenpaket soll den Energieverbrauch um zehn Prozent senken, allerdings nur im öffentlichen Sektor, wie Schwarz mehrmals betonte. Dieser verbrauche wiederum schätzungsweise zehn Prozent des gesamten Energiebedarfs Berlins von etwa 44 000 Gigawattstunden im Jahr. Dementsprechend viel Einsparpotential findet sich noch im privaten Sektor. Vorgaben an die Wirtschaft sieht der Senat aber nicht vor. »Wir wollen nicht auf Verbote setzen«, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). »Es geht um Vereinbarungen, zu denen sich die Wirtschaft freiwillig verpflichtet.« Das Interesse sei da, ergänzte Schwarz, nicht zuletzt, um den eigenen Geldbeutel zu schonen. »Wir haben ein klares Signal von den Verbänden und Wirtschaftskammern, dass sie sich zu Einsparzielen bekennen wollen«, so Schwarz, der mit Ergebnissen bereits Anfang September rechnet. Bis dahin wolle das Land Berlin mit gutem Beispiel vorangehen.
Im Hinblick auf die steigenden Energiekosten inklusive der beschlossenen Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde kündigte Giffey zudem Entlastungsmaßnahmen an, die die Bundesmaßnahmen im Zweifelsfall ergänzen sollen. So wie der Vorschlag von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) jetzt aussehe, »scheint es für Renterinnen und Rentner keine zusätzlichen Hilfen zu geben«, bemerkt Giffey. Diese sowie Geringverdinger müssten deshalb gezielt unterstützt werden. Eine allgemeine Erleichterung aus Landesmitteln für Berliner Haushalte sieht sie hingegen nicht vor: »Wir können keine Entlastungspolitik per Gießkanne machen, es muss konkret um Härtefälle gehen, die die berechtigte Sorge haben, dass sie ihre Stromrechnung nicht zahlen können.«
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