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Brennende Wälder
Im Zuge des Klimawandels erlebt Europa immer extremere Hitze- und Dürreperioden. Damit wächst das Waldbrandrisiko
Deutschland und weite Teile Europas werden derzeit von großer Hitze und Trockenheit geplagt. Es handelt sich um das fünfte Dürrejahr innerhalb der letzten sieben Jahre. Insbesondere im Süden des Kontinents brannten und brennen vielerorts die Wälder, aber auch in Rumänien oder hierzulande in Brandenburg, der Sächsischen Schweiz oder jüngst im Harz. Laut Daten des Europäischen Waldbrand-Informationssystems (EFFIS) sind innerhalb der EU dieses Jahr bereits 660 000 Hektar verbrannt, dies sei der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 2006.
Eine Ende Juni im Fachjournal »Reviews of Geophysics« erschienene Metastudie untersucht den Zusammenhang von menschgemachtem Klimawandel und globaler Feueraktivität. Dafür werteten der britische Klimaforscher Matthew Jones und sein internationales Team über 500 wissenschaftliche Veröffentlichungen zu diesem Thema aus. Sie stützen sich außerdem auf Modellsimulationen und Beobachtungsdaten. Danach hat sich die verbrannte Fläche weltweit zwischen 2001 und 2019 um 27 Prozent reduziert. Das begründen die Autor*innen in erster Linie mit dem starken Rückgang der afrikanischen Savannenbrände, die über die Hälfte der verbrannten Fläche in diesem Zeitraum ausmachten. Dort habe eine Landumnutzung stattgefunden, von der Beweidung zur Landwirtschaft, die weniger feueranfällig sei.
In anderen Regionen der Welt brannten dagegen größere Flächen ab als zuvor, vor allem in Sibirien und dem Westen Nordamerikas. Da es sich dabei in erster Linie um Wälder handele, die mehr Kohlenstoff speichern als Busch- oder Grasland, lägen die Kohlendioxidemissionen damit genauso hoch wie vorher oder sogar darüber, heißt es in der Studie.
Johann Georg Goldammer, Leiter des Global Fire Monitoring Centres (GFMC), warnt jedoch davor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen: »Satelliten können nicht zwischen einem gezielt gelegten Feuer im Rahmen traditioneller Brandwirtschaft, einem großflächigen Brand, um natürliche Vegetation in eine agroindustrielle Plantage zu verwandeln oder einem Wildfeuer unterscheiden«, sagt er. Dazwischen zu differenzieren sei aber zentral, um wirklich einschätzen zu können, welchen Anteil die Erderwärmung bei der Entwicklung der Feueraktivität spiele.
Häufigeres »Feuerwetter«
Als zentralen Faktor für die Mehrung der Brände in einigen Regionen der Welt nennen Jones und Kolleg*innen in ihrer Studie die Zunahme des sogenannten Feuerwetters: Über immer längere Zeiträume herrschten hohe Temperaturen mit einer höheren Verdunstung, eine ausgeprägte Trockenheit und Wind. Von 1979 bis 2019 hat sich, laut ihrer Berechnungen, die Feuerwettersaison weltweit durchschnittlich um 14 Tage im Jahr verlängert.
Besonders stark ist das Waldbrandrisiko im westlichen Nordamerika, dem Mittelmeerraum und Amazonien gestiegen. In Spanien dehnte sich die Feuerwettersaison um ganze 32 Tage im Jahr aus. Im europäischen Durchschnitt waren es 14 Tage mehr als vor 40 Jahren, was einem Anstieg von zwei Dritteln entspricht. Deutschland verzeichnete ein Plus von 10 Tagen. »Dabei handelt es sich noch um keinen statistisch relevanten Trend, dafür ist die Variabilität von Jahr zu Jahr noch zu hoch«, erklärt Matthias Forkel, Juniorprofessor für Umweltfernerkundung an der TU Dresden und Mitautor der Studie. Spätestens mit dem aktuellen, extrem trockenen Jahr werde sich das jedoch ändern.
Jones und sein Team haben aber auch mithilfe von Klimamodellen in die Zukunft geblickt: Bei einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um zwei Grad erwarte man in Deutschland eine weitere Verlängerung der Feuerwettersaison um 10 Tage im Jahr, bei vier Grad um 32 Tage.
Die Folge seien aber nicht zwangsläufig ausgedehnte Wildfeuer: »Trotz der Tatsache, dass die Wetterbedingungen, die Wald- und Buschfeuer begünstigen, bereits fast überall auf dem Globus zugenommen haben und dies auch in Zukunft tun werden, spielen menschliche Faktoren in vielen Regionen immer noch eine Rolle oder überlagern die klimatischen Faktoren«, gibt Ko-Autorin Cristina Santín vom Centre of Wildfire Research an der britischen Swansea University zu bedenken. Laut Goldammer waren die Auswirkungen menschlichen Handelns im Ökosystem, Landmanagement und im Hinblick auf Feuer sogar bislang viel durchschlagender als der Einfluss des Klimawandels. »Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir in die zweite Phase des Pyrozäns, des Feuerzeitalters, kommen. Der Klimawandel schlägt zurück und macht die Vegetation der Erde brennbarer als je zuvor«, sagt er.
Kohlenstoffspeicher bedroht
Das deckt sich mit Ergebnissen einer Studie namhafter Klimawissenschaftler*innen, die im Juni dieses Jahres im Fachjournal »Scientific Reports« erschien. Danach sind vor allem die südeuropäischen Wälder durch die immer häufigere extreme Trockenheit und Hitze im Frühling und Sommer der letzten Jahre so brandgefährdet wie nie zuvor. Konnten Feuer dort bislang mittels guter Prävention und Bekämpfung einigermaßen in Schach gehalten werden, scheint nun das Szenario zu kippen. »In diesen Jahren konnten wir mittels Satellitenbeobachtungen erstmals eine Verbindung (des zunehmenden Feuerwetters) mit den aus den Bränden resultierenden Kohlendioxidemissionen feststellen«, berichtet der Erstautor der Studie und Professor für Biologie an der Universitat de Barcelona, Jofre Carnicer. Dies deute möglicherweise auf einen beginnenden Wandel hin zu häufiger auftretenden, größeren und längeren Bränden, ähnlich wie in Kalifornien und Australien. Auch im Norden Europas beobachte man seit zwei, drei Jahren Veränderungen.
Die bewaldeten und gebirgigen Zonen des Südens und des Zentrums von Europa sind die Bereiche, in denen man die stärkste Zunahme des Risikos eines Brandes beobachtet», so Carnicer. «Diese Zonen sind große Kohlenstoffspeicher, die durch ein Feuer bedroht wären.»
Den tatsächlichen Nettotreibhauseffekt eines Brandes zu ermitteln, sei allerdings komplex, meint Feuerökologe Goldammer: «Nach einem Brand wird CO2 durch die nachwachsende Vegetation wieder aufgenommen. Erst langjährige Beobachtungen können zeigen, ob die Feuer zur Degradierung oder Zerstörung der Vegetation und damit einer Verringerung der Kohlenstoffaufnahme geführt haben. Erst dann kann man den »Netto-Eintrag« von CO2-Äquivalenten bestimmen», sagt er.
Sowohl das Forscher*innenteam um Matthew Jones als auch das um Jofre Carnicer sehen die größte Prämisse für die Bekämpfung ungewollter Waldbrände darin, tunlichst den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Da viele Brände immer noch durch Unachtsamkeit entstehen, sei eine Sensibilisierung der Bevölkerung ebenfalls zentral, betont Carnicer. Weitere zielführende Maßnahmen seien ortsabhängig. Das können die Auflichtung von Wäldern sein, Schneisen oder Pufferzonen, die Ersetzung leicht brennbarer Arten wie Eukalyptus durch andere, der Umbau von Kiefern- oder Fichtenreinbeständen zu Mischwäldern oder die Schaffung von Schutzzonen um Siedlungen und Bahnlinien.
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