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- Atomkraft in Frankreich
AKW sind keine zuverlässige Energiequelle
Die Krise der Atomkraft in Frankreich bremst den Klimaschutz bei uns aus, meint Anke Herold
Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat uns die Sicherheit genommen, dass wir von unseren Partnerländern, mit denen wir viel Handel treiben, nicht militärisch angegriffen werden. Die Sanktionen von russischer Kohle, Öl und Gas hat uns in Deutschland die Illusion der Versorgungssicherheit bei der Energie genommen. Die französische Stromkrise, wo gerade mehr als die Hälfte der Kernkraftwerke abgeschaltet sind, zeigt, dass Atomenergie auch jenseits von gravierenden Unfällen keineswegs eine sichere Form der Energieversorgung ist. Die Klimakrise führt in diesem Jahr durch Trockenheit dazu, dass Wasserkraftwerke in Italien und Frankreich plötzlich austrocknen und keinen Strom mehr liefern. Selbst Norwegen hat nicht mehr Wasserkraft im Überfluss.
Diese Überlagerung von Krisen führt zu einem enormen Kontrollverlust. Es verwundert nicht, dass die Energiepreise in astronomische Höhen schnellen, denn sie spiegeln verschiedene Engpässe in mehreren Ländern und die Angst vor möglichen Stromausfällen wieder.
Die Diskussion in Deutschland fokussiert jedoch zu einseitig auf die Gasknappheit und die steigenden Gaspreise. Die Gaskraftwerke decken vor allem Lastspitzen ab und sorgen dann für hohe Preise. Aber auch die Strompreise für die durchlaufende Grundlast sind stark gestiegen, obwohl Gaskraftwerke nicht für die Grundlast produzieren. Dafür ist die Krise der Atomkraft in Frankreich verantwortlich. In Deutschland wird diese wichtige Ursache der steigenden Strompreise in Europa jedoch weitgehend ausgeblendet.
Derzeit sind 32 der 56 Atomreaktoren in Frankreich wegen Korrosionsschäden oder Sicherheitsüberprüfungen außer Betrieb. Kürzlich hat der französische Betreiber EDF angekündigt, dass es länger als geplant dauern wird, bis die Reaktoren wieder laufen. EDF hat die Abschaltungen teilweise bis ins nächste Jahr verlängert. Im Vergleich zum Januar 2022 ist die Stromproduktion aus Atomkraft in Frankreich im Juni um 44 Prozent gesunken und die gesamte Stromproduktion um 40 Prozent. Rund 15 Terrawattstunden Strom fehlen seit April jeden Monat im Nachbaarland. Sie werden wohl erst wieder im nächsten Jahr zur Verfügung stehen. Das ist so viel Strom, wie alle Kohlekraftwerke in Deutschland ungefähr monatlich erzeugen.
Eine Megawattstunde Strom für Dezember in Frankreich wird deswegen gerade für mehr als 1600 Euro gehandelt; vor einem Jahr lag der Preis noch bei 86 Euro. Ungefähr zehn Terrawattstunden Strom hat Deutschland in diesem Jahr bereits netto nach Frankreich exportiert. In 60 Prozent der Stunden des Jahres 2022 waren die Transportkapazitäten nach Frankreich bereits voll ausgelastet. Frankreich ist von einem der größten Netto-Stromexporteure in Europa zu einem Stromimporteur geworden.
Die Situation in Frankreich zeigt, dass alte Atomkraftwerke keine zuverlässige Energiequelle darstellen. EDF konnte auch die enormen Investitionen in die Überholung der alten Kernkraftwerke nicht mehr stemmen. Daher wurde der Konzern verstaatlicht. Sechs neue Kernkraftwerke sind geplant, aber es gibt bisher keine verbindlichen Daten, wann diese fertig sind. Außerdem laufen die Kosten wie bei den meisten AKW-Bauten aus dem Ruder. Das französische Stromdefizit wird daher noch länger andauern.
Nicht nur der Gasmangel, auch die Krise der Atomkraft in Frankreich zwingt nun Deutschland, viele Kohlekraftwerke aus der Reserve wieder in Betrieb zu nehmen. Das bremst bei uns den Klimaschutz aus. Die populistischen Rufe nach einer Laufzeitverlängerung der verbleibenden drei Atomkraftwerke in Deutschland sind vor diesem Hintergrund absurd. Aus den noch verfügbaren Brennelementen lassen sich im Streckbetrieb vielleicht noch zwei bis drei Monate lang eine Restmenge an Strom erzeugen. Dann müssten neue Brennelemente beschafft werden, was ungefähr eineinhalb Jahre dauert. 2023 bis einschließlich des ersten Quartals 2024 bringt eine Laufzeitverlängerung also kaum etwas, weil die AKW dann erst lange stillstehen würden, egal was jetzt politisch beschlossen wird.
Wir sollten endlich über die tatsächlichen Probleme im europäischen Stromsystem diskutieren, statt eine Scheindebatte über die Atomkraft in Deutschland zu führen. Die Strompreiskrise ist ein europäisches Problem, ein Herumdoktern mit verschiedenen nationalen Einzellösungen führt nur zu noch mehr Chaos, das dann endgültig jeder Kontrolle entgleiten könnte.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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