- Kultur
- AfD
Nichts gerafft
AfD-Politiker wünscht sich »dramatischen Winter« als Reaktion auf Energiekrise
Was für eine Blamage für die AfD! Eine Partei, die ihren Patriotismus zu beteuern nicht müde wird, in ihrer Hoffnung auf einen »dramatischen Winter« bloßgestellt. Den zumindest wünschte sich Harald Weyel, EU-politischer Sprecher der AfD-Fraktion, am Ende einer Abendveranstaltung zum Thema Energiekrise. »So dramatisch« würde die Situation im Winter, erklärte der AfD-Abgeordnete Rainer Kraft, woraufhin Weyel entgegnete: »Man muss aber sagen, hoffentlich, oder? Wenn es nicht dramatisch genug wird, dann geht es so weiter wie immer.« All das wird mitgeschnitten und ist gut hörbar – denn das Mikrofon ist noch an und der Stream von der Veranstaltung auf TikTok noch nicht beendet.
»Die AfD zeigt wieder ihr unpatriotisches Gesicht. Eigentlich hassen AfD’ler Deutschland«, kommentiert der Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger (CDU) auf Twitter den Mitschnitt auf TikTok. Er hatte das 22-sekündige Video auf seinem Kanal veröffentlicht, mittlerweile wurde es fast eine Million Mal angeschaut. Auf dem TikTok-Mitschnitt werden Livereaktionen der Zuschauenden eingeblendet, neben Kommentaren wie »AfD forever« und vielen blauen Herzen (Blau ist die Farbe der AfD), warnt hier ein User vor »Spionen im Chat«, ein anderer schreibt: »Die raffen nicht, dass der Ton noch an ist.«
Auf Steinigers Account fallen die Kommentare resignierter aus: »Gruselig, aber keine Überraschung« – »So ekelhaft wie vorhersehbar«, heißt es hier. Justizminister Marco Buschmann (FDP) twitterte: »Während sich die Koalition gerade auf ein Entlastungspaket geeinigt hat, hofft die AfD auf eine dramatische Lage im Winter. Das zeigt einmal mehr das wahre und beschämende Gesicht der AfD: Sie hat nicht das geringste Interesse daran, etwas für die Menschen in diesem Land zu tun.«
Derweil versuchen sich Harald Weyel und die AfD in Schadensbegrenzung und verweisen auf längere Redebeiträge während der Veranstaltung. Auf Anfrage der dpa erklärte Weyel: »Ich wollte meiner Befürchtung Ausdruck geben, dass nur eine Zuspitzung der sich abzeichnenden Krise dazu führen wird, dass die politisch Verantwortlichen endlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Krise zu bekämpfen. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass ich mir eine Verschärfung der Krise wünsche.« Schaut man auf Twitter, glauben viele User*innen vielmehr, dass Weyel auf drastische Folgen der Energiekrise hofft und die AfD Destruktion und Hass verbreiten will, den Videobeweis haben sie auch noch selbst geliefert. Denn wenngleich die rechte Partei nicht müde wird zu betonen, sich besonders für die Bürger*innen einsetzen zu wollen, die am stärksten von der Energiekrise und den steigenden Preisen betroffen sind, klingt das bei Weyel im Video doch ganz anders.
Desweiteren hinterlassen seine ungefilterten Aussagen am angeschalteten Mikrofon mit Blick auf die Vergangenheit der AfD ein gewisses Geschmäckle. Denn einige werden sich wohl auch an die verräterischen Äußerungen des ehemaligen Sprechers der AfD-Bundestagsfraktion, Christian Lüth, im Jahr 2020 erinnert fühlen: »Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.« Auch Lüth hatte sich unbeobachtet gefühlt, weil er dachte, eine Mitstreiterin sitze ihm gegenüber, doch sie war Teil eines Filmteams. Aussagen wie die von Lüth und Weyel erwecken den Eindruck, dass es zur Strategie der AfD gehört, aus Krisen politisches Kapital zu schlagen, bewusste Manipulation also.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.