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Politik für Menschen statt für Konzerne
Bündnis protestiert in Erfurt gegen die unsoziale Krisenpolitik
Auch unter Gewerkschaftern ist die Empörung über die Krisenpolitik der Bundesregierung groß. »Das, was bisher durch die Bundesregierung an Entlastungen beschlossen oder vorgesehen ist, reicht bei Weitem nicht aus«, sagte der Vorsitzende des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, während der Auftaktkundgebung einer Protestveranstaltung am Sonntag in Erfurt. »Die Entlastung kommt in der breiten Mittelschicht nicht an«, sagte er. Wichtig sei, in der Krise das zu tun, wovor die Koalition aus SPD, Grünen und FDP bislang zurückgeschreckt sei: Reiche, Erben, Vermögende und große Unternehmensgewinne »wesentlich stärker« zu belasten. Gleichzeitig müssten Gering- und Mittelverdiener entlastet werden. Jetzt sei die Zeit, in der starke Schultern in der Gesellschaft mehr tragen müssten als schwache Schultern.
Ein außerparlamentarisches Bündnis, das den Namen »Nicht mit uns« trägt, hatte zu den Protesten aufgerufen. Dabei handelt es sich um Gewerkschafter, Klimaaktivisten und Antifaschisten. Auch Linke wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow waren vor Ort.
Die Polizei sprach unmittelbar nach dem Ende der Auftaktkundgebung nach vorläufigen Zahlen von etwa 1100 Demonstranten. Die Veranstalter selbst zählten kurze Zeit später etwa 2500 Menschen. Während des Protestzuges waren die Fahnen zahlreicher DGB-Gewerkschaften zu sehen, dazu unter anderem die Flaggen der Jugendorganisationen verschiedener Parteien aus dem demokratischen Spektrum. Auf einigen Transparenten, die die Protestierenden bei sich trugen, hieß es zum Beispiel: »Machen Menschen miese, lacht der Energieriese.«
Rudolph nannte die Demonstration »ein starkes Signal« dafür, dass viele Menschen in Deutschland »eine andere Politik in der Krise« wollten. Es sei verständlich, dass viele Menschen Angst vor ihrer nächsten Heizkostenabrechnung hätten, sagte er. Es dürfe nicht sein, dass Menschen für die Profite von Großkonzernen frieren müssten. Gleichzeitig verurteilten die Veranstalter den russischen Überfall auf die Ukraine mit klaren Worten. Dabei handele es sich eindeutig um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, hieß es.
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Unmittelbar vor der Auftaktkundgebung versuchten etwa ein Dutzend Männer und Frauen aus dem Querdenker-Milieu, sich unter die Protestierenden zu mischen. Sie wurden mit einer kleinen Menschenkette von den Demonstranten ferngehalten und abgeschirmt. Gleichzeitig machte die Moderatorin der Auftaktveranstaltung klar, dass Rechtsextremisten und Verschwörungsideologen auf der Kundgebung keinen Platz hätten. Nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung gesetzt hatte, versammelten sich die Querdenker an dessen Ende und nahmen Videos mutmaßlich für ihre eigenen Social-Media-Kanäle auf. Anschluss fanden sie nicht.
Eine Vertreterin von Fridays for Future kritisierte besonders Pläne, in den nächsten Jahren neue Erdgasvorkommen rund um den Globus zu erschließen, um den Westen unabhängiger von russischen Gasexporten zu machen. Mit dieser Strategie werde nicht nur der Planet weiter zerstört, einmal mehr seien es die Länder des Globalen Südens, deren Natur für den Wohlstand des Westens stark in Mitleidenschaft gezogen werden solle. »Wir lagern unsere Verantwortung aus«, sagte sie. Ähnlich verheerend seien Überlegungen, weiter auf die Atomkraft zu setzen, um so Gas bei der Stromerzeugung zu ersetzen. Anstatt sich in solchen Überlegungen zu verlieren, müsse die deutsche Politik auf den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien setzen, sagte sie.
Einige Vorschläge von Grünen-Politikern wie Wirtschaftsminister Robert Habeck und Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann, kürzer zu duschen oder häufiger Waschlappen zu benutzen, kritisierte sie mit scharfen Worten. Darin zeige sich eine »Arroganz von oben«, die nicht hingenommen werden könne.
Dieser »Nicht mit uns«-Protest war der bislang größte seiner Art in Thüringen, wird aber auf absehbare Zeit nicht der letzte gewesen sein. Die Veranstalter kündigten an, ihre Forderungen häufiger auf die Straßen tragen zu wollen. Für Mittwoch ist ein weiterer Protest gegen die Folgen der Preisexplosionen in Erfurt angekündigt. Dann wollen sich die Vertreter der Thüringer Krankenhäuser zu einer Protestkundgebung vor dem Landtag treffen, um deutlich zu machen, dass die hohe Inflation aus ihrer Sicht inzwischen die Versorgung der Patienten im Land gefährdet.
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